Mainz, 13. Januar 1770: der Musikverlag Schott wird gegründet. Er hat Kriege, Revolutionen und sogar den Nationalsozialismus überlebt. Bis heute gehört er zu den bedeutendsten Musikverlagen weltweit.
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Sollen die Preußen und Österreicher ihre Kriege doch alleine ausfechten. Das Kurfürstentum Mainz hält sich raus aus der Politik, konzentriert sich lieber auf die Ideen der Aufklärung. Die Wirtschaft brummt, die Kultur blüht, und ein junger Mann namens Bernhard Schott richtet sich eine Werkstatt für Kupferstich und Notendruck ein. Und eröffnet einen Laden: "Ich beehre mich, Sie davon in Kenntnis zu setzen", schreibt er, "dass ich 8 Tage nach Epiphanias im Jahre des Herrn 1770 vormittags 8 Uhr mein eigenes Geschäft in der Rosengasse aufgemacht habe. In vierzehn Tagen werde ich meinen ersten Katalog in Ihre Hände legen. Bitte notieren Sie das Datum!"
Das Verlagshaus im Weihergarten in Mainz. Hier ist der Schott-Verlag seit 1792 beheimatet. | Bildquelle: Schott Music GmbH & Co. KG Und? Die Rechnung geht auf. Auch der nächste Mainzer Kurfürst liebt und fördert die Musik, und Bernhard Schott, der enthusiastische junge Klarinettist und findige Kaufmann, produziert immer mehr Notendrucke, also vor allem Klavierauszüge und Bearbeitungen beliebter Stücke. Bald bekommt er vom Kurfürsten das "Privilegium exclusivum", das heißt, niemand außer ihm darf Noten drucken. Er verkauft jetzt auch Instrumente, stellt schließlich sein eigenes Papier her und hinterlässt seinen Erben ein blühendes Unternehmen mit einem exklusiven Kundenstramm: Mozart, Beethoven, Rossini … Sie ist schon fast unheimlich, die Erfolgsgeschichte, die den Schott-Verlag neben aller Konkurrenz bestehen und überleben lässt (es gibt ja in anderen Städten auch expandierende Verlage: Breitkopf & Härtel, Schlesinger, Steingräber, Litolff, Peters, die Universal-Edition und, und, und …). Während andere eingehen, bleibt Schott einer ganz großen. Der auch alle politischen Umbrüche überlebt: Revolutionen, Kriege, den Nationalsozialismus. Dank Opportunismus, dank Geschick und dank Risikofreude.
Auch dank Richard Wagner. Hunderte Ausgaben seiner großen Opern bringt Schott heraus, das bedeutet 30.000 Stichplatten. Bei der Tagesleistung eines Notenstechers von einer Platte ein ungeheurer Aufwand. Zudem fordert Wagner exorbitante Vorauszahlungen, was Schott an die finanziellen Grenzen bringt. Aber eben – er überlebt alles. Auch Wagner. Der dann ja einen ganz besonders spendablen Mäzen findet: den jungen Bayernkönig Ludwig II. Aber das ist eine andere Geschichte.
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Sendung: "Allegro" am 13. Januar 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK