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Wilhelmine von Preußen Glücksfall für Bayreuth

Berlin, 3. Juli 1709. Friederike Sophie Wilhelmine wird geboren. Sie ist das erste Kind von Friedrich Wilhelm I. von Preußen und Sophie Dorothea aus dem Hause Hannover. Der Vater liebt das Militär, wird auch "Soldatenkönig" genannt, die Mutter hat eine Affinität zum Künstlerischen.

Gemälde der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth. Unbekannter Maler | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Was heute geschah

03.07.1709: Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth wird geboren

Wilhelmine wächst, wie sich das für eine Prinzessin gehört, im Schloss auf: Sie lernt Cembalospielen, gibt ihr erstes Konzert im Alter von sechs Jahren. Sie tanzt gerne und hat eine Schar Bediensteter um sich. Fast wie im Märchen. Wenn nicht die brutale Gouvernante Leti wäre: "Ich hatte vor der Leti Angst wie vor dem Feuer. Es verging kein Tag, an dem sie nicht die gefürchtete Kraft ihrer Fäuste an mir erprobte."

"Fußtritte wurden mein täglich Brot." Wilhelmine von Preußen über ihre Gouvernante

Lernen als lebenslanger Wunsch

Büste der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth | Bildquelle: picture-alliance/dpa Büste der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth | Bildquelle: picture-alliance/dpa Die Eltern haben keine Ahnung von den Quälereien, bis Wilhelmine schwer erkrankt. Allerdings schreckt auch der König vor Gewalt nicht zurück: Alle Kinder, vor allem Wilhelmines Lieblingsbruder Friedrich, werden von ihm mit dem Stock gezüchtigt. Nachdem die bestialische Gouvernante davongejagt wurde, kann sich Wilhelmine endlich entfalten. Elf Jahre alt ist sie, trägt keine kurzen Kinderkleider mehr, sondern Roben und beherrscht das Cembalospiel bereits virtuos. Dazu nimmt sie Lautenunterricht, zusammen mit Bruder Friedrich, beim Meister aller Meister, bei Silvius Leopold Weiss. Der Wunsch zu lernen, begleitet Wilhelmine das ganze Leben: Komposition, Tonsatz, Kontrapunkt, verschiedene Instrumente, Schauspielerei, Kammermusik, Grundlagen der Architektur, sogar Kulturmanagement eignet sie sich an. Denn sie tut sich als Kunstmäzenin hervor und packt als Opernintendantin an. Sie komponiert sogar eine eigene Oper: "Argenore".

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Argenore: Arie der Palmida "Non dura una sventura" (Allegro) | Bildquelle: Lukas-Consort - Topic (via YouTube)

Argenore: Arie der Palmida "Non dura una sventura" (Allegro)

Adlige Heirat mit einem Kunstliebhaber und Hobbyflötist

Nachdem diverse politische Pläne der Eltern mit der Erstgeborenen platzen – die Vermählung mit dem Prinzen von Wales zum Beispiel – heiratet Wilhelmine den Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Kulmbach-Bayreuth. Er ist immerhin ein Kunstliebhaber und sogar Hobbyflötist. Wilhelmine unterzeichnet auf Drängeln des Vaters ein Dokument, in dem sie ihrem Erbteil von Seiten der Königin entsagt.

Kulturschock in der Provinz

Die Tochter gehorcht und zieht fort in die Provinz. Was für ein Kulturschock! Die fränkische Küche bleibt Wilhelmine bis zum Lebensende ein Gräuel, den Dialekt versteht sie nicht und will es auch nicht. Aber ansonsten hat Bayreuth mit der Preußin einen Glücksgriff getan. Wer weiß, ob die Stadt sonst so aufgeblüht wäre? Als die Braut in Bayreuth ankommt, gleicht das Schloss nämlich noch eher einer Bruchbude: Die brokatenen Vorhänge zerfallen bei der kleinsten Berührung, Spinnweben überziehen Decken und Möbel.

Bayreuth wird Großbaustelle

Wilhelmine packt aber nicht das Grausen, sie packt einfach selbst mit an, indem sie Bayreuth in eine Großbaustelle verwandelt. Die Kraft dafür schöpft die ewig kränkelnde Markgräfin aus dem engen und innigen Kontakt mit Bruder Friedrich und aus dem Komponieren und Musizieren. "Auch ich sitze bis über die Ohren in der Musik. Seit acht Tagen lerne ich Violine spielen und extemporiere schon", schreibt Wilhelmine dem Lieblingsbruder voller Selbstironie.

"Es ist der reine Hexensabbath! Wir machen unsere Sache bereits so gut, daß alles entflieht, wenn wir unser Konzert beginnen." Wilhelmine von Preußen

Vom "hässlichen Entlein" zur strahlenden Stadt

Wilhelmine veranlasst den Neubau des Schlosses im Rokoko-Stil, das Markgräfliche Opernhaus von Bayreuth entsteht auf ihr Bestreben, der literarisch inspirierte Felsenhain wird gebaut, und die Eremitage entfaltet sich unter Wilhelmines Anleitung zum Kleinod. In einem Vierteljahrhundert mausert sich das "hässliche Entlein" Bayreuth zu einer strahlenden Stadt und wird zum Anziehungspunkt für viele Kunstschaffende: Mein lieber Schwan …

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 3. Juli 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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