Älter als die Tagesschau und nach wie vor jeden Sonntag live im Radio: das Tafel-Confect wird 70. BR-KLASSIK Franken feierte das Jubiläum mit einer Sondersendung und sieben Videoclips – mit Musik von Dowland bis Bach und einer guten Prise Popkultur.
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Leckere Häppchen aus wohlschmeckenden Klängen: Das wäre es, was die Leute am liebsten nach dem Sonntagsbraten hören würden, dachte sich Willy Spilling, damals Redaktionsleiter Musik im Studio Nürnberg. So lief am 2. November 1952 zum ersten Mal die neue Sendereihe Tafel-Confect im Zweiten Hörfunkprogramm des Bayerischen Rundfunks. Diese erste Folge hieß noch "Tafelmusik", ab der zweiten Ausgabe hatte sich dann der erfolgreiche Titel "Musikalisches Tafel-Confect" etabliert, weil Genussmensch Spilling hoffte, bei dem Anklang an schmackhafte Süßigkeiten würde den Leuten das Wasser im Munde zusammenlaufen – und sie so zum Einschalten verführen. Ein Titel, der bis heute die Sinne der Hörer*innen anspricht.
Von Dowland bis Bach: Alte Musik in neuen Videoclips
Musik zum Vernaschen: 70 Jahre "Tafel-Confect" aus Nürnberg
Klingende Geschenke zum Jubiläum
Gefeiert wird das Jubiläum mit einem zweistündigen Radio-Bankett am 30. Oktober. Durch die Sendung führen zwei der heutigen Köpfe aus dem Moderator*innen-Team: Stefanie Bilmayer-Frank und Thorsten Preuß. Wie gewohnt wird es viel Musik geben, daneben packt das Moderator*innen-Duo im Studio klingende Geburtstagsgeschenke aus.
Das Tafel-Confect war von Beginn an nah am Puls der Zeit, als die junge Originalklang-Szene eine prominente Plattform im Radio bekam – und auch heute richtet sich der Blick nach vorne, auf die Alte Musik als als Taktgeber eines zukunftsweisenden Konzertlebens im 21. Jahrhundert. So werden im Umfeld der Hörfunksendung sieben digitale Videoclips veröffentlicht –analog zu den sieben Jahrzehnten Tafel-Confect, u.a. mit l’arte del mondo, Hille Perl, Maurice Steger und Cymin Samawatie.
Die Bezeichnung "Tafel-Confect" stammt von den gleichnamigen Musiksammlungen der Barock-Komponisten Wolfgang Carl Briegel und Johann Valentin Rathgeber. Letzterer war ein musikalischer und lebenslustiger Mönch im Kloster Banz, der auch selbst komponierte. Ab 1733 veröffentlichte Rathgeber unter dem Titel "Ohren-vergnügendes und Gemüth-ergötzendes Tafel-Confect" eine Sammlung von Liedern, die auf Banketten als Begleitung zur Nachspeise gespielt wurden, analog zur Tafelmusik beim Hauptgang. Willy Spilling wollte 1952 mit der neuen Sendung auf den starken Rückgang des häuslichen Musizierens reagieren, der seit der flächendeckenden Einführung des Rundfunks zu beobachten waren. Im Tafel-Confect stellte er daher bunte, kurze Stücke aus allen Epochen vor – besonders auch vergessene Musik jenseits der klassisch-romantischen Großwerke. Diese Musikauswahl sollte die Hörer*innen zum Musizieren in den eigenen vier Wänden anregen und ihnen geeignete Stücke dafür schmackhaft machen. Dazu mussten viele der gar nicht verfügbaren Werke erst einmal in Archiven ausgegraben, eingerichtet und eingespielt werden, und zwar auf den Instrumenten der jeweiligen Epoche, die man sich aus dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg auslieh. Diese Aufgabe lag in den Händen von Ensembleleiter Josef Ulsamer, der das Tafel-Confect auch selbst abwechselnd mit Willy Spilling moderiert hat: "Als wir sahen, dass dieses Tafel-Confect eine Resonanz bei den Hörern fand, wie's bei einer Sendung der sogenannten 'ernsten' Musik überhaupt noch nie der Fall war", erinnerte sich Ulsamer später, "da hat sich natürlich die Produktion auch sehr stark erweitert, und wir sind dann so im Lauf der 50er-Jahre zu einem Spezial-Studio für Alte Musik geworden: Alles, was Rang und Namen hatte in der ganzen Welt, das haben wir zu Aufnahmen nach Nürnberg geholt."
Musikalische Trends und Interpretationsstile mögen sich in 70 Jahren gewandelt haben, der Anspruch für das Tafel-Confect aus dem Studio Nürnberg aber ist geblieben: Musikalische Leckerbissen vom Mittelalter bis zur Klassik unterhaltsam, informativ und mit Humor zu servieren.
Jubiläumssendung: 30. Oktober 2022, 12.05-14.00 Uhr auf BR-KLASSIK