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Bilanz ARD-Musikwettbewerb 2023 Zwischen Rausch und Müdigkeit

Mit dem Finale der Bratschen endet der ARD-Musikwettbewerb 2023. 14 Tage voller Musik, voller Emotionen und Spannung gehen zu Ende. Von glücklichen Preisträgerinnen, krawallstiftenden Komponisten und erschöpften Gemütern.

Finale im Fach Klaviertrio, ARD-Musikwettbewerb 2023, Amelio Trio | Bildquelle: Daniel Delang

Bildquelle: Daniel Delang

Es klingt wie in einem Rauschzustand: "Es war unglaublich", berichtet Gabriel Polinsky, erster Preisträger im Fach Kontrabass nach seinem Auftritt beim Finale. "Das ganze Stück fühlte sich wie ein einziger Moment an. Ich hatte den Eindruck: alles ist möglich. Ich habe mich richtig wohlgefühlt." Nach seinem Auftritt der der zweite Gewinner beim 72. Internationalen Musikwettbewerb der ARD 2023 fest. Zuvor konnte sich schon die Schweizerin Tjasha Gafner im Fach Harfe gegen ihre beiden Konkurrentinnen durchsetzen und wurde mit dem ersten Preis der Jury sowie dem Publikumspreis ausgezeichnet. Sie ist nach der Preisvergabe von ihrem Emotionen mitgerissen: "Es ist unglaublich, ich möchte nun meine Familie umarmen und meine Freunde. Ich bin wirklich sehr glücklich."

37 Stunden reines Musikhören? Eine Herausforderung

Alle Preisträgerinnen und Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs 2023 | Bildquelle: Daniel Delang Alle Preisträgerinnen und Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs 2023 | Bildquelle: Daniel Delang Aufregung, Freude, Ausnahmezustand. Das hieß es aber auch für die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Wettbewerbs, der heuer neben der Harfe in den Fächer Kontrabass, Klaviertrio und Viola ausgetragen wurde. 354 Musikerinnen und Musiker hatten sich beworben, 215 davon wurden nach München eingeladen. In gut zwei Wochen gab es entsprechend viel Musik zu hören. Allein 37 Stunden und 45 Minuten waren es etwa reine Spielzeit im Fach Kontrabass. Für die Fachjurys ist das eine Herausforderung. Aber auch der logistische Aufwand, der hinter dem Wettbewerb steckt, ist enorm. Pläne für die Klavierbegleitung in den Vorrunden, Instrumententransport, Sitzordnung. "Und so viele Anfragen von Außen, dass man abends eigentlich einen ganz schön schwirrenden Kopf hat, wenn man nach Hause kommt. Zu mal die Tage extrem lang sind", berichtet Falk Häfner. Er bildet gemeinsam mit Meret Forster die künstlerische Leitung des Wettbewerbs. Für ihn war es das erste Jahr – er hat den Posten im vergangenen Jahr von Oswald Beaujean übernommen.

17 Mal die Uraufführung des eigenen Werks

Unglaublich viel Musik gab es in diesem Jahr aber auch für Gordon Kampe. Der Komponist hat das Stück "Krawall" im Auftrag des Wettbewerbs für das Fach Kontrabass geschrieben. Und anders als üblich fand die Uraufführung aus Repertoiregründen beim Kontrabass dieses Mal nicht im Semifinale sondern schon im 2. Durchgang statt. 17 Mal hat sich Gordon Kampe sein eigenes Stück angehört. Für ihn eine große Bereicherung. Denn das habe man ja als Komponist nicht so häufig, dass man sein eigenes Stück so häufig hintereinander hören könne, erzählt Gordon Kampe nach der vierten Aufführung: "Und dann auch noch vier Mal so komplett unterschiedlich. Ich find das wirklich super, deshalb bin ich leicht flatterig gewissermaßen. Aber wiegesagt, alles immer ganz anders. Und das ist natürlich toll."

Heimspiel im Finale

Die Preisträger Kontrabass: José Trigo (Mitte) mit Gabriel Polinsky (links) und Hongyiu Thomas Lai (rechts) | Bildquelle: Daniel Delang Die Preisträger Kontrabass: José Trigo (Mitte) mit Gabriel Polinsky (links) und Hongyiu Thomas Lai (rechts) | Bildquelle: Daniel Delang Den Preis für die beste Interpretation des Auftragswerks bekam im Fach Kontrabass die Semifinalistin Naomi Shaham. Für ihren Kollegen José Trigo, 3. Preisträger im Fach Kontrabass, war das Finale besonders aufregend. Immerhin spielte er, der seit 2019 Mitglied der Bassgruppe im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ist, dort mit seinem eigenen Kollegen. Das sei für ihn einerseits beruhigend gewesen, andererseits aber auch eine besondere Aufregung: "Ich habe Spaß gehabt. Mit meinen eigenen Kollegen zu spielen, war eine tolle Erfahrung." Die Platzierung sei ihm egal, er ist glücklich, sagt er noch.

Ich brauche Zeit, um das zu realisieren. Und ich bin müde. Die Müdigkeit hilft nicht dabei.
Marco Sanna, Pianist Orelon Trio

Ungewöhnlich ist der Bass als Soloinstrument. Ganz anders bei den Klaviertrios. Etwa das mit dem 1. Preis ausgezeichnete Orelon Trio aus Italien, Deutschland und Spanien, das im Finale mit schwer bekannten Werken wie dem op. 100 von Franz Schubert antreten musste. "Wir glauben es n och nicht so richtig", sagt Geigerin Judith Stapf nach der Preisvergabe, dem schließt sich ihr Kollege, der Pianist Marco Sanna an: "Ich brauche Zeit um das zu realisieren. Und ich bin müde. Die Müdigkeit hilft nicht dabei."

Fernseh-Tipp

"Die Chance! Das Finale Viola beim ARD Musikwettbewerb" - am 17. September um 9.45 Uhr sowie am 18. September 23.15 Uhr im BR Fernsehen. Außerdem lässt Das Erste in einer Reportage von Eckart Querner den diesjährigen Wettbewerb noch einmal Revue passieren.

Nach dem Viola-Finale: Konzerte außer Konkurrenz

Wieder etwas weniger bekannt ist die Bratsche als Solo-Instrument. Auch wenn ihr belegter Klang in der Mittellage einen ganz eigenen Charme hat. Mit dem Finale im Fach Viola endete der Wettbewerb am Sonntag Abend. Da hieß es im Münchner Herkulessaal ein letzte Mal Anspannung, Aufregung, alles Geben. Und dann stand auch hier die erste Preisträgerin fest: Haesue Lee aus Südkorea überzeugte Publikum und Jury mit William Waltons Konzert für Viola und Orchester.

Für sie geht es jetzt mit allen Finalistinnen und Finalisten der anderen Fächer weiter in die Preisträgerkonzerte, wo es dann auch endlich wieder heißt: Musizieren außer Konkurrenz.

Sendung: "Allegro" am 11. September 2023 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Sonntag, 10.September, 23:15 Uhr

Frank

Danke

Danke für eine so wunderschön umgesetzte Veranstaltung! Organisation und Qualität waren hervorragend. Auch die online streams funktionieren tadellos, und sind bei der Menge an Musik herzlich willkommen!

Lediglich mehr Werbung hätte ich mir gewünscht, dann wäre die ein oder andere Veranstaltung noch besser besucht gewesen, vor Ort und virtuell.

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