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Immaterielles Kulturerbe der UNESCO Bayerische Knabenchöre aufgenommen

Wie das Heimatministerium mitteilte, gehören ab sofort die vier großen Knabenchöre Bayerns zum Immateriellen Kulturerbe. Dazu zählen die Regensburger Domspatzen, der Tölzer Knabenchor, der Windsbacher Knabenchor und die Augsburger Domsingknaben.

Windsbacher Knabenchor | Bildquelle: 2018©Mila Pavan

Bildquelle: 2018©Mila Pavan

Die Weltbildungsorganisation UNESCO würdigt mit dem Titel des Immateriellen Kulturerbes besondere kulturelle Ausdrucksformen. Das Immaterielle Kulturerbe Bayerns ist nun um 13 Eintragungen reicher. Darunter sind die mittelalterlichen Knabenchöre aus Regensburg und Augsburg, aber auch die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Chöre aus Windsbach und Bad Tölz.

Einzigartige Klangvielfalt in Bayern wird gewürdigt

Die Tradition der Chöre liege in der besonderen Stimmlage der Knaben und der musikpädagogischen Ausbildung, die sie bekommen, hieß es in der Mitteilung des Bayerischen Heimatministeriums. Zudem sei ihr internationales Ansehen besonders groß. Das Repertoire umfasst Chorwerke von der Gregorianik über die moderne Oper bis hin zum Volkslied. "Bayerns kulturelle Vielfalt ist einzigartig – hier verschmelzen Tradition und Moderne harmonisch zu einer optimalen Einheit", sagte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU). Durch den Erhalt des Immateriellen Kulturerbes schaffe man einen Rahmen für sozialen Austausch und baue Brücken zwischen Menschen und Traditionen.

Immaterielles Kulturerbe der UNESCO

Seit 2003 gibt es das Immaterielle Kulturerbe der UNESCO. Die Weltbildungsorganisation würdigt damit besondere Traditionen. Neben dem bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes gibt es in Bayern ein eigenes Landesverzeichnis, das nun 13 Eintragungen mehr und insgesamt 82 Kulturformen enthält. Dazu zählen auch Handwerkstechniken wie die Fahnenstickerei, das Goldschlagen und das Treideln sowie Prozessionen und Feste, darunter zum Beispiel die Kreuther Leonhardifahrt. Aber auch künstlerische Ausdrucksformen, wie zum Beispiel Moderner Tanz oder Orgelmusik sind dabei.

Augsburger Domsingknaben

Stefan Steinemann | Bildquelle: Stefan Steinemann Bemerkenswert jung: Stefan Steinemann wurde mit gerade einmal 27 Jahren Domkapellmeister in Augsburg. | Bildquelle: Stefan Steinemann Ihre Tradition reicht bis ins Mittelalter zurück. Heute sind die Augsburger Domsingknaben in der Liturgie in Augsburg genauso zu hören wie auf Festivals oder an Opernhäusern. 1976 wurde der Chor durch den damaligen Domkapellmeister Reinhard Kammler wiedergegründet – und entwickelte sich zu einem der renommiertesten Knabenchöre. Der ehemalige Domsingknabe Stefan Steinemann leitet den Chor seit 2020 – mit gerade einmal 27 Jahren war er damals Deutschlands jüngster Domkapellmeister. In München sind die Augsburger Domsingknaben regelmäßig an der Bayerischen Staatsoper zu hören, oder bei Produktionen und Konzertprojekten des Bayerischen Rundfunks.

Windsbacher Knabenchor

Sänger des Windsbacher Knabenchores bei Konzertauftritt | Bildquelle: Mila Pavan Der Windsbacher Knabenchor | Bildquelle: Mila Pavan Der Windsbacher Knabenchor, der eine Einrichtung der bayerischen evangelischen Landeskirche ist und weltweit Konzerte gibt, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Am 18. März 1946 zogen 90 Buben mit ihren Lehrern in das heutige Haupthaus des evangelischen Internats im mittelfränkischen Windsbach. Kurz danach gründete der Musikpräfekt Hans Thamm den Knabenchor. Aus dem "Provinzchörle" der 50er-Jahre ist mittlerweile einer der angesehensten Knabenchöre der Welt geworden. Wie die berühmten Thomaner, die einst von Johann Sebastian Bach unterrichtet wurden, leben und lernen die Windsbacher Schüler im Internat. 2010 geriet der Windsbacher Knabenchor in die Kritik, nachdem ehemalige Internatsschüler Vorwürfe gegen den Chorgründer Hans Thamm wegen angeblicher Misshandlungen in den 1950er und 1960er-Jahren erhoben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte und entlastete den Chorleiter schließlich.

Regensburger Domspatzen

Die Regensburger Domspatzen in der Verkündigungsbasilika in Nazareth. | Bildquelle: BR/Eckhart Querner Regensburger Domspatzen | Bildquelle: BR/Eckhart Querner Die Regensburger Domspatzen sind einer der berühmtesten Knabenchöre der Welt. Seit dem Jahr 975 haben ausschließlich Jungen und junge Männer für den Knabenchor gesungen. Den Schülern wird der liturgische Gesang während der Messen in der Regensburger Bischofskirche, im Dom St. Peter, übertragen. Von 1964–1994 leitete Georg Ratzinger den Chor. Im Zuge des Missbrauchskandals gab er zu, während seiner Zeit Ohrfeigen an Knaben verteilt zu haben. Zurzeit ist Christian Heiß Domkapellmeister in Regensburg und damit auch Chef des Knabenchores. Er war selbst einmal ein Domspatz. Unter seiner Leitung kam es zu einer regelrechten Revolution in der über tausendjährigen Geschichte des Chores: Die Domspatzen nehmen nun auch Mädchen auf. Seit dem Schuljahr 2022/23 dürfen Mädchen aufs Gymnasium der Regensburger Domspatzen gehen. Die Düsseldorferin Elena Szuczies leitet den neuen Mädchenchor.

Tölzer Knabenchor

Stellario Fagone | Bildquelle: picture alliance / Aglaja Adam/dpa | Aglaja Adam Seit 2023 ist er der neue Leiter des Tölzer Knabenchores: Stellario Fagone. | Bildquelle: picture alliance / Aglaja Adam/dpa | Aglaja Adam Gerhard Schmidt-Gaden gründete 1956 als Gymnasiast den Tölzer Knabenchor, der heute etwa 200 Mitglieder hat und jährlich in mehr als 240 Konzerten weltweit auftritt. Sein Repertoire umfasst neben Vokal- und Kirchenmusik auch Opern. Seit vergangenem Jahr ist Stellario Fagone der neue Künstlerische Leiter, nachdem er über 20 Jahre lang den Kinderchor der Bayerischen Staatsoper geleitet hatte. Er sieht die Tradition der Knabenchöre besonders in der heutigen Zeit als sehr wichtig an: "Ausgerechnet heute, wo die Kinder durch die Digitalisierung, Smartphone und Fernsehen viel einsamer sind, ist der Bedarf sehr hoch. Man kann ihnen sehr viel mitgeben, auch was das soziale Umfeld betrifft, wie man sich zum Beispiel in einer Gruppe verhält", sagte Fagone im BR-KLASSIK-Interview.

Sendung: "Allegro" am 20. März 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (1)

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Donnerstag, 21.März, 11:52 Uhr

E. Schirmer

Windsbach

Interessant, dass über Skandale bei den Regensburgern nicht berichtet wird. Soviel zum Thema objektive Berichterstattung.

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