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Berge in der Musik César Francks Symphonische Dichtung

Zerklüftete Höhen, Gletscher – der Blick von oben über die Welt. Im 19. Jahrhundert entdeckt das Bürgertum die Berge für sich. Und nicht nur als Ort fürs Freizeitvergnügen. Das neue Lebensgefühl auf den Gipfeln beflügelt auch die Kunst. Lyrik und Musik gehen hier eine ganz besondere Verbindung ein: die erste symphonische Dichtung wird geboren.

César Franck Berge Montage | Bildquelle: picture-alliance/dpa Montage:BR

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"Seid ihr wohl schon zuweilen ernst und still, auf einen Berg gestiegen, nah den Himmeln?"
Mit diesen Zeilen beginnt Victor Hugo sein Gedicht "Ce qu'on entend sur la montagne" ("Was man auf dem Berge hört") von 1829. Den späteren Nationaldichter der Franzosen zieht es immer wieder selbst in die schwindelerregenden Regionen der Alpen oder Pyrenäen. Beim Bergsteigen findet er Inspiration für tiefe romantische Empfindungen: Nur die Mutigsten erobern die Gipfel, überwinden ihre individuellen Grenzen – auf der Suche nach dem Erhabenen.

Gedicht von Victor Hugo als Inspiration für Komposition

Der dichtende Bergsteiger vernimmt unaussprechliche Klänge, zwei Stimmen, die miteinander ringen – die der Natur und die der Menschen. Ein visionäres Klangerlebnis rund um die ganz großen Fragen nach Sein und Schein zwischen Himmel und Erde.

Das Gedicht von Hugo ist wie gemacht für die Vertonung. Den jungen César Franck reizt das Sujet. 1847 ist er 24 Jahre alt. Sein früher Ruhm als pianistisches Wunderkind ist verblasst, er hat seinen Abschluss am Pariser Konservatorium gemacht und ist nun Organist in Paris. Alles läuft in geregelten Bahnen – wie auch sein Vater es sich wünscht.

César Francks erstes Werk für Orchester

Doch was insgeheim in ihm schlummert, packt Franck in diese – seine erste Komposition für Orchester überhaupt. "Ce qu’on entend sur la montagne" beginnt mit einem für die Zeit sensationellen Flageoletteffekt: ein mit Streichinstrumenten erzeugter Oberton.

Reine Klangfarbe, so etwas hört man später bei Richard Wagner. Genauso wie die magischen Liegetöne. Was Franck in knapp 25 Minuten folgen lässt, ist durchsetzt von die Natur expressiv deutenden Tönen – und einem Rhythmus, ähnlich dem, der die Minimal Music prägt.

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Ce que l'on entend sur la montagne, poème symphonique

Liszt statt Franck schreibt Musikgeschichte

Beinahe hätte er mit ihr noch zu Lebzeiten Musikgeschichte schreiben können. Doch die erste Tondichtung geschaffen zu haben – diesen Ruhm heimst der ältere Kollege Franz Liszt ein. Er hatte sich just zur gleichen Zeit wie Franck Victor Hugos Ode vorgenommen und nach ihr seine "Bergsymphonie" komponiert.

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Ein Porträt von César Franck: Die Orgel hat er zum Orchester gemacht. César Franck zählt zu den wichtigsten Komponisten des 19. Jahrhunderts. Er prägte in Frankreich eine ganze Komponistengeneration und hat es posthum sogar auf Stadionbühnen geschafft.

Ob Franck und Liszt sich gegenseitig beeinflussten – und wer von beiden tatsächlich früher mit Komponieren fertig war? Das ist nicht mehr nachzuprüfen. Denn Franck lässt sein Werk gleich nach Entstehung in der Schublade verschwinden. Warum, liegt im Dunkeln. Erst 1922 gräbt es die Musikwissenschaft wieder aus. Zur Uraufführung kommt es sogar erst in den 1980er Jahren: mehr als 140 Jahre nach Entstehung.

Sendung: "Allegro" am 17. April 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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