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François Leleux im Interview "Die Oboe ist wie mein dritter Arm"

Schon mit sechs Jahren hat François Leleux angefangen, Oboe zu spielen. Doch zunehmend dirigiert er auch, bald sogar als Chefdirigent. Im Gespräch verrät er, wie sich das vereinbaren lässt und warum er als Solist nie auf einen Dirigenten verzichten würde.

Francois Leleux | Bildquelle: © Jean-Baptiste Millot

Bildquelle: © Jean-Baptiste Millot

BR-KLASSIK: François Leleux, Sie spielen nun mit dem Münchener Kammerorchester das Oboenkonzert von Bohuslav Martinů, ein technisches und auch musikalisch sehr anspruchsvolles Werk. Was sehen Sie in diesem Stück?

François Leleux: Diese Stück ist phänomenal. Es ist für mich eine Art Barockstück des 20. Jahrhunderts. Der erste Satz fängt mit einer sehr lyrischen Stimme an, dann wird es sehr leicht und mit viel Rhythmus und sogar Jazzanklängen. So wie das in der Barockmusik eigentlich auch ist, mit viel Rhythmus, sehr tänzerisch, sodass es den Körper anspricht. Der zweite Satz ist dann wie ein Rezitativ mit einem sehr heiligen, ja sakralen Ende, das uns tief berührt. Dieser zweite Satz ist wirklich ein Psalm oder wie ein Gebet. Der letzte Satz ist dann eine richtige Party. Ein Dorffest, wo jeder sich freut, mitzuwirken. Die Trompeten und Celli, die Bässe und das Klavier …

Die westlichen Länder waren eine Oase der Freiheit. Ich hoffe, dass das auch heute so bleiben wird.
François Leleux

BR-KLASSIK: Martinů lebte von 1938 an im Exil und kehrte auch nie wieder in seine Heimat zurück. Hört man der Musik so eine Art Heimweh an?

François Leleux: Man merkt ihm schon böhmische Traditionen an in seiner Komposition. Eigentlich hat er dieses Konzert in Nizza zu Ende geschrieben. Dazwischen war er aber in Amerika. Die westlichen Länder waren für diese Leute eine Oase der Freiheit. Ich hoffe, dass das auch in Zukunft so bleiben wird.

Solo-Oboist und Chefdirigent: François Leleux

BR-KLASSIK: Sie treten in dem Konzert gemeinsam mit dem Dirigenten Enrico Onofri auf. Auch Sie selbst dirigieren, von September an werden Sie Chefdirigent der Kammerphilharmonie Potsdam. Wie ist das für Sie, mit einem Dirigenten zu spielen, wenn Sie selbst vielleicht auch hätten dirigieren könnten?

François Leleux: Tatsächlich würde ich das nie ohne Dirigenten spielen. Solche Konzerte, wie das von Richard Strauss oder eben das von Martinů, kann man ohne Dirigent nur schwer aufführen. Man könnte sich nicht auf die Solostimme konzentrieren. Gleichzeitig braucht das Orchester viel Unterstützung von einem Dirigenten, um das Zusammenspiel zu gewährleisten. Deshalb ist es eine große Freude, solche Stücke mit einem Dirigenten zu spielen. Es ergibt Sinn und ist für mich als Solist eine besondere Bereicherung.

Oboe und Dirigat bereichern sich gegenseitig.
François Leleux

BR-KLASSIK: Eine Chefdirigentenstelle – wie viel Zeit bleibt da noch für die Oboe?

François Leleux: Ich liebe die Oboe. Sie ist für mich wie eine körperliche Verlängerung, fast wie mein dritter Arm. Ich brauche sie. Wenn ich Oboe spiele, gibt mir das die richtige Energie und einen unglaublichen Rückhalt. Aber natürlich muss man üben. Man kann nicht einfach zwei Wochen pausieren – das geht nicht. Deshalb übe ich jeden Tag. Gleichzeitig finde ich immer noch genug Zeit, eine Partitur gründlich vorzubereiten. Oboe und Dirigieren bereichern sich dabei gegenseitig.

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1. Preis im ARD-Musikwettbewerb 1992

BR-KLASSIK: Sie treten hier ja mit dem Münchener Kammerorchester auf. Dem sind Sie lange und sehr freundschaftlich verbunden, oder?

François Leleux: Als ich in München den ARD-Wettbewerb gewonnen habe, habe ich sofort mit dem Münchener Kammerorchester gespielt. 1992 war das. Wir haben auch ein paar sehr schöne Schallplatten gemeinsam aufgenommen und haben öfter zusammen gespielt. Das ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Orchester in meinem Leben.

BR-KLASSIK: Das Konzert morgen Abend findet ja im Rahmen einer Reihe des Münchener Kammerorchesters statt und steht unter dem Motto "Nachtwache". Sind Sie eher eine Nachteule, haben also die besten Ideen nachts? Oder sind Sie ein Morgenmensch?

François Leleux: Ich bin eher morgens wach und möchte da gerne sehr viel erledigen. Meine Ideen sind am Morgen klarer als am Abend. Aber abends kommt natürlich die Inspiration mit dieser ganzen Magie der Dunkelheit.

François Leleux und das Münchener Kammerorchester

Am Donnerstag, 16. Januar, 20 Uhr, spielen François Leleux und das Münchener Kammerorchester unter Enrico Onofri live im Prinzregententheater in München. BR-KLASSIK sendet einen Mitschnitt des Konzerts am Dienstag, 28. Januar, ab 20:03 Uhr.

Sendung: "Leporello" am 16. Januar 2025 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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