2025 ist ein Johann Strauss-Jahr: der 200. Geburtstag des Walzerkönigs wird in Wien als ganzjähriges Festival mit Konzerten, Ausstellungen und Performances groß zelebriert. Auch das Staatstheater am Gärtnerplatz wird dort gastieren mit einer Produktion, die am 10.04. in München Premiere feiert. Da heißt es "Vorhang auf!" für die Operette "Waldmeister" in der Regie des Hausherrn Josef Köpplinger. Das Werk war mal ein echter Renner, heute kennt man eher das flüssige Pendant. Das könnte sich aber ändern. Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie den Vorbericht von BR-KLASSIK.
Bildquelle: © Marie-Laure Briane
"Galium odoratum" oder schlicht "Waldmeister" soll gefäßerweiternd und krampflösend wirken. In seiner beliebtesten Darreichungsform als hochprozentige Maibowle erzielt das wohlriechende Kraut allerdings eher eine "enthemmende" Wirkung. Etwa in der gleichnamigen Operette von Johann Strauss Sohn, wo so respektable Personen wie ein Botanikprofessor und ein strenger Oberforstrat plötzlich gewaltige Frühlingsgefühle entwickeln. Eine beschauliche Landpartie endet gewitterbedingt in einer Waldmühle, wo die Sängerin Pauline "schöne Müllerin" spielt und auch die anderen sich irgendwie neu erfinden.
Ich freue mich auf dieses Abenteuer.
Szene aus "Waldmeister" von Johann Strauss am Gärtnerplatztheater München, 2025 | Bildquelle: © Marie-Laure Briane
Die Verwechslung von kaltem Lindenblütentee mit besagter Maibowle führt zur erotischen Neuorientierung von nicht weniger als drei Liebespaaren. Eine rasante Komödie auf ein leicht verworrenes Libretto – wie gerufen für Intendant Josef Köpplinger: "Die Musik ist großartig, das steht auf der Höhe von der "Fledermaus" und dem "Zigeunerbaron." Allerdings hat das Libretto auch Anlaufschwierigkeiten, wie Köpplinger zugibt: "Der Anfang ist, dass man sagt: Großer Gott, das muss man umschreiben, aber der zweite und dritte Akt ist von Feydeau‘scher Qualität." Für den Intendanten und Regisseur mit großer Passion für die Operette war etwas anderes auch noch ausschlaggebend: "Ich hab mir das ausgewählt, weil mich das Libretto in seiner Diversität gereizt hat. Das Stück gilt als sehr schwer zu besetzen. Das ist eine Herausforderung, die das Haus natürlich strapaziert, aber ich freu mich auf dieses Abenteuer."
Ein Abenteuer, das Köpplinger in eine knallbunte Heimatfilm-Scheinidylle verlegt. Die Gesangspartien der riesigen Besetzung sind teils sehr anspruchsvoll: So hat Tenor Matteo Ivan Rasic einen ganzen Marathon von hohen "Bs" zu bewältigen. "Strauss vom Feinsten", so urteilt Dirigent Michael Brandstätter über das Stück, das viel zu lange unbeachtet im Archiv schlummerte.
Strauss vom Feinsten.
Brandstätter hat das Orchestermaterial Takt für Takt mit dem Autograph abgeglichen, um eine möglichst authentische Fassung zu erstellen. Zwanzig Jahre nach der "Fledermaus" komponiert, wurde die Operette bei der Uraufführung 1895 bejubelt. Selbst der gefürchtete Kritiker Eduard Hanslick schrieb: "Der Duft des Waldmeister" sei noch immer "würziger echter Strauss". Auch ohne Maibowlen-Konsum dürfte diese Operetten-Ausgrabung zum Geburtstag des Walzerkönigs allein durch ihre Melodienfülle berauschend wirken. Risiken und Nebenwirkungen sind schwer absehbar.
Sendung: "Allegro" am 09.04.2025 ab 06:05 Uhr
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