E-Scooter, Ibiza und immer noch kein Brexit: Das Jahr 2019 liegt allmählich hinter uns und viel ist passiert – oder eben nicht. Viele erinnern sich sicher noch an den Brand von Notre Dame, zumindest die Domorgel überlebte das Feuer unbeschadet. Ein Jubiläum feierte die Wiener Staatsoper mit 150 Jahren Bestehen. Was sonst noch los war und was die Klassikwelt bewegte – das hat die BR-KLASSIK-Redaktion für Sie zusammengefasst.
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Die Kritiker sind begeistert: "Sie dirigiert wie niemand vor ihr", sie feile "besessen am Klang", sie sei eine "musikalische Ausnahmebegabung". Die Rede ist von der Dirigentin Joana Mallwitz. Seit der vergangenen Saison ist sie Generalmusikdirektorin der Staatsphilharmonie Nürnberg, 2019 wurde sie von der Zeitschrift Opernwelt zur Dirigentin des Jahres gekürt. Im Moment wird sie zur Ikone einer neuen Generation von Dirigentinnen. Der Klassikbetrieb bleibt männlich dominiert, doch dieses Jahr lässt hoffen, dass sich daran etwas ändert.
Das gilt auch für Komponistinnen: Clara Schumanns Geburtstag jährte sich 2019 zum 200. Mal. Trotz 100-Markschein-Porträt ist sie immer noch unbekannter als ihr Mann Robert – nach 2019 sollte sich das langsam ändern, war sie doch wichtige Klaviervirtuosin und Komponistin. Zumindest in der Operettenwelt ungebrochen berühmt ist Jacques Offenbach: Auch er wurde vor 200 Jahren geboren.
Zum Ende des Jahres musste das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks einen schweren Verlust hinnehmen: Der langjährige Dirigent Mariss Jansons starb. Dabei hatte das Jahr für das Orchester als Jubeljahr begonnen: Es wurde, genau wie der Bayerische Rundfunk, 70 Jahre alt. Jansons war es auch, der die Initiative für ein eigenes BR-KLASSIK-Label ergriff: 2019 wurde es 10 Jahre alt. Eine Erfolgsgeschichte – genau wie die Aktion "Best Note", die 2019 zum ersten Mal stattfand: BR-KLASSIK rief seine Hörer auf, sich bei ihren Musiklehrern zu bedanken – und das taten sie auch: Fast 1200 Dankes-Mails gingen ein.
Auch zwei Jahre nach Beginn der MeToo-Debatte war die sexuelle Belästigung von Frauen im Kulturbetrieb weiterhin eines der wichtigsten Themen. Dem weltberühmten Sänger Plácido Domingo werfen mehrere Sängerinnen vor, sie sexuell belästigt zu haben. Domingo trat als Chef der Oper in Los Angeles zurück, er weist die Vorwürfe aber weiterhin zurück. Inzwischen tritt er wieder auf.
Eine große Debatte gab es auch um den Pianisten und ehemaligen Chef der Münchner Musikhochschule, Siegfried Mauser. Im Oktober bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts München: Mauser hat demnach Frauen sexuell genötigt. Er muss nun ins Gefängnis. Kurz nach dem Urteil erschien eine Festschrift zu Mausers 65. Geburtstag – dafür gab es viel Kritik, weil im Vorwort etwa von Mausers "weltumspannenden Eros" die Rede ist.
Musik braucht Raum, klassische Musik braucht oft viele Räume – und die sorgen häufig für große Diskussionen. Während das Landestheater in Niederbayern kein Geld zur nötigen Sanierung bekommen konnte, herrscht in München Einigkeit darüber, den Gasteig zu sanieren – nur ob Grund- oder Generalsanierung und wieviel Geld das kosten darf, das ist auch in der Landeshauptstadt nicht entschieden. In Nürnberg fragte man sich, ob der geplante neue Saal nicht zu klein werden könnte, wenn der Kartenansturm zu groß wird. Und auch bei der ständig ausverkauften Elbphilharmonie in Hamburg wird sich mancher Konzertveranstalter mehr Plätze wünschen – in der Diskussion war das Haus aber für seine Akustik, die unter anderem Jonas Kaufmann bemängelte.
Was zeichnet 2019 also aus? Haarig war's, politisch – und vielleicht ein bisschen gleichberechtigter.
Sendung: "Allegro" am 18. Dezember 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK