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Kommentar - Bayerische Staatsoper Minister Blume hat alle beschädigt

Alternativen ausloten ist nie verkehrt. Aber die späte Vertragsverlängerung für Intendant Serge Dorny und Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski als Führungsduo der Bayerischen Staatsoper hat das Kunstministerium dilettantisch aufs Gleis gesetzt, kommentiert Bernhard Neuhoff.

Bayerische Staatsoper am Max-Joseph-Platz | Bildquelle: colourbox.com

Bildquelle: colourbox.com

Eine Kurzanleitung heißt im Netz seit vielen Jahren "how-to". Und wenn besonders praktische Tipps dabei sind, nennt man's: "Life hack". Der Bayerische Kunstminister Markus Blume könnte jetzt so ein Video drehen. Titel: "Life hack – so vergeigst du einen Findungsprozess". Erklärt würde darin, wie man als Minister ein erfolgreiches Opernhaus, dessen Führungsteam, eine potentielle Nachfolgerin und sich selbst ohne Not beschädigt, einfach durch entschlossenes, nervenstarkes Zuwarten.

Kunstminister Blume vergeigt einen Findungsprozess

Und so geht's: Erst alles rauszögern, bis auch der Letzte merkt, dass hinter den Kulissen heftig gerungen wird. Dann Andeutungen machen, Gerüchten nicht entgegentreten und dadurch große Erwartungen auf einen überraschenden Neubeginn wecken. Dann hektisch rumsuchen, wenn sich abzeichnet, dass das amtierende Führungsteam erstens eigentlich doch ganz gute Arbeit macht und zweitens adäquate Nachfolger aktuell gar nicht zur Verfügung stehen. Zum Schluss dann doch wieder mit den bekannten Namen vor die Presse treten. Und wenn alle bedröppelt fragen: Hätte man das nicht schon vor einem Dreivierteljahr geräuschlos klären können, damit alle Spieler gestärkt statt psychologisch geschwächt aus so einer Standardsituation wieder rausgehen? Dann einfach ganz oft "Weichenstellung" und "zukunftsfähig" sagen. Und wenn's euch gefallen hat, gebt ein Like!

Entscheidungsnotstand an der Bayerischen Staatsoper

Porträt des CSU-Politikers | Bildquelle: Matthias Balk/Picture Alliance Der Bayerische Kunstminister Markus Blume | Bildquelle: Matthias Balk/Picture Alliance Monatelang herrschte an der Bayerischen Staatsoper akuter Entscheidungsnotstand, verursacht von der Bayerischen Staatsregierung als Dienstherr. Die derzeit laufenden Verträge von Intendant Serge Dorny, Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski und Ballettchef Laurent Hilaire enden 2026. Das ist in der Opernwelt nicht übermorgen, sondern morgen. Opernstars müssen rechtzeitig engagiert werden. Begonnene Großprojekte, die sich weit über das Ende des jetzigen Vertrags hinziehen, etwa eine Neuinszenierung von Wagners "Ring", hingen in der Luft. Dass in so einer Situation Gerüchte ins Kraut schossen, war allein die Schuld des Kunstministeriums. Dann wurde publik, dass es im Orchester auch Musikerinnen und Musiker gibt, die mit Stil und Entscheidungen von Generalmusikdirektor Jurowski hadern. Eigentlich völlig normal. In so einer Situation wurde daraus ein Politikum.

Spekulationen um Joana Mallwitz

Die Feuilletons spekulierten immer eifriger über Namen, allen voran die Dirigentin Joana Mallwitz. In der Tat ein Name, der nach Zukunft klingt, eine phänomenal begabte Dirigentin. Wenn man sie hätte haben wollen, hätte man vor Monaten vertrauliche Gespräche führen müssen. Wenn nicht, tritt man so eine Diskussion am besten ganz entschlossen so schnell wie möglich wieder aus, ehe ein Schwelbrand draus wird. Was machte stattdessen der Minister? Er besuchte demonstrativ ein Konzert von Frau Mallwitz, was vorher aus dem Ministerium offenbar extra noch einzelnen Kulturjournalisten gesteckt wurde. So schürt man die Gerüchteküche, statt Klarheit zu schaffen.

Dorny und Jurowski: Vertragsverlängerung gerechtfertigt

Sicher: Das Bessere ist der Feind des Guten. Alternativen ausloten ist nie verkehrt. Künstlerisch hat Dorny, was die Inszenierungen angeht, eine gemischte Bilanz vorzuweisen. Beim Management lief einiges ziemlich unrund. Dafür war er mutig mit dem Repertoire: tolle Opern, die man nicht alle Tage hört. Trotzdem ist die Bude voll. Die Auslastungszahlen und die Eigeneinnahmen sind, nach der Corona-Delle, längst wieder fantastisch. Und dass in einem Spitzenorchester nach drei Jahren ein paar Leute Opposition gegen den Chefdirigenten machen, ist das Normalste der Welt. Doch Jurowski hat eben nicht nur Sperriges wie Schostakowitschs Oper "Die Nase" toll dirigiert, sondern auch Standardrepertoire wie den "Rosenkavalier". Insofern geht die Entscheidung inhaltlich klar.

Strukturreformen aber benötigt das Kunstministerium offenbar noch sehr viel dringender als die Staatsoper. Minister Blume braucht einen Kenner und Könner in der zweiten Reihe, der diskret und rechtzeitig gute Leute holt. Bitte nicht so weiterwursteln!

Sendung: "Leporello" am 17. Juni 2024 ab 16:05 Uhr auf BR-KLASSIK

Kommentare (3)

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Dienstag, 18.Juni, 17:29 Uhr

Diethart Lehrmann

Beschädigt

"So nicht, Herr Blume!" Die Bayer.Staatsoper ist ein bedeutendes Opernhaus in der Welt. Durch die verantwortungsvolle Führung und Förderung durch das KM ist sie ein Stück meines Lebens geworden. Alles zu Ende oder vielleicht auch nicht ? Da muss Herr Blume seine Hausaufgaben!Frau Mallwitz ist hierbei nur ein schlechter Witz! Die große Bewunderung gehört dem Dirigenten Jurowski der Oper, einem der großen in dieser Zeit. Ihm gebührt in dieser Zeit Achtung und Ehre. Die Atmosphäre muss wieder stimmen, damit die Leute wieder in ihre Oper gehen.

Montag, 17.Juni, 23:31 Uhr

Christine Ludwig

Herr Neuhoff sagt, es sei „normal“, wenn „ein paar“ Leute aus dem Orchester Opposition gegen den Chefdirigenten machen.
Woher weiß er denn, dass es sich nur um „ein paar“ Leute handelt? Was wäre, wenn eine sehr große Mehrheit des Orchesters mit diesem Chef vor allem in künstlerischer Hinsicht unglücklich ist?
Den Orchestern sollte allgemein viel mehr Mitspracherecht eingeräumt werden bei einer so wichtigen Entscheidung wie der Berufung eines GMD. Und nicht jeder Intendant hat eine so goldene Hand wie Nikolaus Bachler mit Kirill Petrenko.

Montag, 17.Juni, 20:52 Uhr

Walatraud Becker

Verlängerung BSO

Was sollen alle Spekulationen und Gedankenspiele?
Blume wollte eine andere Besetzung, zumal Herr Dorny sich ja selbst wegbeworben hat..... Die Wunschkandidaten hat der Minister offenbar nicht bekommen, also wurstelt er mit dem Vorhandenen weiten, setzt aber eine neue "Befehlsstruktr" durch und das ist sehr git. so! Von Beschädigung kann keine Rede sein, sondern von klaren Verhältnissen bei einem unklar agierenden Intendanten

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