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Kritik – Bayerische Staatsoper "Die Fledermaus" als Kosky-Show

Regisseur Barrie Kosky hat in seiner Zeit als Intendant der Komischen Oper in Berlin der Kunstform Operette wiederholt Vitaminspritzen verabreicht. Nun hat er an der Bayerischen Staatsoper "Die Fledermaus" von Johann Strauß inszeniert. Hochkarätig besetzt mit Diana Damrau als Rosalinde und Vladimir Jurowski am Pult.

Die Fledermaus | Premiere am 23. Dezember 2023 | Musikalische Leitung: Vladimir Jurowski | Inszenierung: Barrie Kosky | Bildquelle: © Wilfried Hösl

Bildquelle: © Wilfried Hösl

Mehr Federboa geht nicht. Barrie Kosky ist ein hochqualifizierter Facharbeiter in Sachen Operette. Und liefert pünktlich zum Fest, was Staatsintendant Serge Dorny bei ihm bestellt hat: eine fast altmeisterlich perfekte Kosky-Show. Die Zeiten sind weiß Gott ernst genug für drei Stunden Eskapsimus. Dragqueen-glitzerbunt, aber streng im Rahmen des Genres: Regisseur Barrie Kosky inszeniert die beliebteste aller Operetten konsequent operettig. Kunstgerecht und mit allem Fledermaus-Zubehör: Slapstick, Revue, Tempo, Travestie. Wer das überholt und boomerhaft findet, mag wahrscheinlich die Kunstform nicht. Klar hat man das alles schon gesehen, aber in dieser handwerklichen Qualität sieht man's gerne nochmal. 

Vladimir Jurowski zündet den Funken

Zumal Dirigent Vladimir Jurowski sehr viel aus dieser Partitur rausholt, was sonst in pauschaler Routine untergeht. Die Tempo-Freiheiten sind manchmal ungewohnt, aber einleuchtend. Und eigentlich ist es ja die Musik von Johann Strauß, weshalb wir das alles ganz unbedingt haben wollen: Der Funke springt vom Orchestergraben auf die Bühne.

Barrie Kosky mag's a bisserl bizarr

Die Fledermaus | Premiere am 23. Dezember 2023 | Musikalische Leitung: Vladimir Jurowski | Inszenierung: Barrie Kosky | Bildquelle: © Wilfried Hösl Bildquelle: © Wilfried Hösl Der erste Akt spielt vor Alt-Wiener Fassaden, drinnen und draußen gehen charmant durcheinander. Georg Nigl als Eisenstein wienert ganz wunderbar, stimmgewaltig und glupschäugig, ein graziös vertrottelter Spießer auf Speed. Deutlich braver, auch gesanglich ein bisschen verhalten bleibt Diana Damrau als Rosalinde. Im Palais des Prinzen Orlofsky sieht man hinter die gutbürgerliche Fassade auf nackte Metallgerüste - dafür ist die Festgesellschaft zünftig quietschbunt, mehr Federboa geht wirklich nicht. Die klamottigen Gags werden ein bisserl bizarr, bleiben aber immer lieb. Countertenor Andrew Watts gibt den Prinz Orlofsky als mintgrüne Dragqueen, allerdings fehlt ihm die mitreißende Energie, sodass man ihm das dekadente Feierbiest nicht so ganz abnimmt. Überragend dagegen Katharina Konradi als Kammerzofe Adele - ihr Sopran hat Glamour und Strahlkraft, man kann das anders machen, aber nicht besser.

Sechs Frösche, einer steppt

Ein paar Überraschungen gibt's dann doch im dritten Akt. Der Gefängniswärter Frosch steht gleich sechsmal auf der Bühne. Sonst sieht man da ja oft bemühtes Kabarett, was sich in vielen Fledermausinszenierungen als Fremdkörper ziemlich dahinzieht. Dankenswerterweise erspart uns das Barrie Koskie. Stattdessen gibt einer der Frösche eine hübsche Stepptanz-Einlage mit Bodypercussion. Ziemlich schräg stöckelt Martin Winkler als Gefängnisdirektor Frank über die Bühne, bekleidet nur mit Pumps und Glitzer-Slip. Dieser entblößte ältere Herr hat seine ganz eigene groteske Größe. Da blitzen Möglichkeiten auf, die das bewährte Operetten-Gag-Repertoire erweitern könnten. Aber Barrie Kosky bleibt dann doch lieber beim Bewährten - das kann er ja auch richtig gut. Zum Entstauben reicht ihm die Federboa, den Jubel des Publikums hat er sicher in der Tasche.   

TV-Tipp

Die neue Inszenierung von Barrie Kosky mit viel Glitzer und einer genialen Steptanzeinlage können Sie am Silvesterabend auf ARTE sehen. Danach wird sie noch 30 Tage in der Mediathek zum Nachhören und Nachschauen verfügbar sein.

Mehr Informationen zur Premiere von "Die Fledermaus" finden Sie auf der Website der Bayerischen Staatsoper.

Kommentare (11)

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Samstag, 06.Januar, 09:34 Uhr

Marita Apelt

Fledermaus

Die Fledermaus hat unvergängliche Melodien, die Generationen liebten und lieben
Die Inszenierung in der Bayerischen Staatsoper hat uns mit ihren Kostümen und niveaulosen Einlagen abgestoßen.
So hat also auch die Kunst die Diversität erreicht und quält damit den Großteil der Zuschauer.

Freitag, 05.Januar, 22:09 Uhr

Peter Winkler

Fledermaus/Bayrische Staatsoper

Best Fledermaus ever!
Der Saal tobt – Frau Professor schmollt.
Nun ja: chacun à son goût …

Freitag, 05.Januar, 08:54 Uhr

Frank Beinlich

Fledermaus/ Bayerische Staatsoper

Schade, die Kritik von Herrn Neuhoff ist wenig differenziert. Das sind die Inszenierungen von Barrie Kosky inzwischen leider auch. Wenn es vorrangig um Federboa, Arschwackeln, Nacktheit und anderen Peinlichkeiten geht, ist das nicht besonders pikant. Operette kann viel mehr und kann gut interpretiert ,kurzweilig sein. Beste Beispiele sind Inszenierungen von L.Pelly und A. Homoki.

Donnerstag, 04.Januar, 12:09 Uhr

Prof. Christa Siebert-Freund

Fledermaus/ Bayrische Staatsoper

Es ist völlig in Ordnung, in der Inszenierung neue Wege zu beschreiten.
Es ist bekannt, dass der dritte Akt der "Fledermaus" sehr kurz ist.
Warum hat man die Pause nicht nach dem 1. Akt gemacht?
Nein, der 3. Akt, bei dem es eigentlich nur um die Auflösung, die Blamage geht, musste unmäßig aufgepumpt werden. Ein steppender Frosch? Ein Frank, der offenbar aus einem Sado-Maso-Studio kam?? Auch Eisenstein und Alfred halbnackt. Entblößung kann man auch weniger platt darstellen. Ist das zeitkritisch? Ironisch? Witzig? Originell? Sicher nicht. Und Barrie Kosky? Ist das, was er inszeniert, sakrosankt? Schon bei seiner sehr fragwürdigen "Meistersinger" Inszenierung in Bayreuth habe ich kein einziges Wort der Kritik z.B. über seine vollkommen missverstandene Beckmesser-Deutung gelesen.
Und Andrew Watts als Orlofsky?
Dragqueen, was sonst, geschenkt.
Aber der Gesang war unverzeihlich grauenvoll.
Und last but not least: die Musik der Fledermaus ist genial und bedarf keiner Ergänzungen!

Donnerstag, 04.Januar, 00:39 Uhr

Christiane, Jeremias

Inzenierung Fledermaus

Ein wunderschöner, erquiekender Abend in dieser jetzigen Zeit. Für uns besonders toll, da wir als gestandene Dresdner verschiedene Inzinierungen der Fledermaus erleben durften, konnten und wollten wir unsere Begeisterung nicht zügeln. Danke für diese wunderbare Erlebnis.

Mittwoch, 03.Januar, 22:40 Uhr

Walter

Fledermaus

Ist nicht daran gedacht worden, dass diese gewissen Szenen im dritten Akt nicht nur geschmacklos, peinlich und schwachsinnig wirken, sondern auch übergriffig sind und an sexuellen Missbrauch erinnern können?

Mittwoch, 03.Januar, 20:56 Uhr

Markus Schmid

Die Fledermaus at its best

Ich kann mir Die Fledermaus nun gar nicht mehr anders vorstellen. Die Tanzeinlagen sind phänomenal. "Andrew Watts klingt schrill" ja, leider. Fehlbesetzung! Die gewisse Gefängnisszene im 3.Akt? Nun, der totale Absturz in nackte Wahrheit ("Bauchfett"). Genial, aber für das Münchner Publikum an Silvester waren die Szenen wohl weitgehend eine Zumutung. Was mir die pure Freude war, waren die körperliche Beweglichkeit und unperfekten Tanzeinlagen und das Mitschwingen, was Georg Nigl an den Tag legte.

Mittwoch, 03.Januar, 19:17 Uhr

Matheis

Fledermaus 3.Akt

Peinlich , geschmacklos , inzumutbar ,
Die Schlüsselsuche….ekelhaft
Wer läßt so etwas zu

.
Die überzogenen Kostüme

Mittwoch, 03.Januar, 18:58 Uhr

Matheis

Fledermaus

Der 3. Akt war eine Zumutung .
Teils peinlich.Unzumutbar .Die suche von Schlüsseln an dieser Stelle und vor einem Publikum .
Wer hat so einer Darstellung zugestimmt ?
1. und 2. Akt waren ok

Dienstag, 02.Januar, 15:20 Uhr

Jürgen-Peter Jäger

Fledermaus

Gewisse Szenen im 3. Akt (Gefängnis) sind einfach schwachsinnig!!!

Montag, 01.Januar, 20:19 Uhr

Ernst

Die Fledermaus

Noch nie so etwas Geschmackloses und Peinliches gesehen wie den 3. Akt!!

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