Happy End in der Unterwelt: In Christoph Willibald Glucks Oper schafft es Orpheus dank Amor, seine Geliebte aus dem Totenreich zurückzuholen. Am Landestheater Niederbayern überzeugt eine konzentrierte und schnörkellose Inszenierung mit wahrhaftiger Musik.
Bildquelle: ©2025 Landestheater Niederbayern / Foto Peter Litvai
In der griechischen Antike galt es als buchstäblich undenkbar, dass die Toten zurückkehren. Das schaffte dem Mythos zufolge nicht mal Orpheus, obwohl der mit einer Sondergenehmigung von Jupiter in die Unterwelt reisen durfte, um seine verstorbene Frau Eurydike zurückzuholen. Aber die Aufgabe erwies sich als unlösbar: Die Geliebte unter der Bedingung zurückzuholen, sie bis zur Rückkehr ins Diesseits nicht anzusehen, das überstieg die menschlichen Kräfte und somit auch die Fähigkeiten von Orpheus. Ein treffendes und erschütterndes Gleichnis auf die Unmöglichkeit, Tote wiederzuerwecken.
"Orpheus und Eurydike", inszeniert von Urs Häberli am Landestheater Niederbayern, 2025 | Bildquelle: ©2025 Landestheater Niederbayern / Foto Peter Litvai
Der große Opernreformer Christoph Willibald Gluck wollte sich damit allerdings nicht abfinden und ließ seine Oper "Orpheus und Eurydike" 1762 nicht tragisch, sondern glücklich enden. Der Liebesgott Amor macht es möglich: Er ist von der Tapferkeit und der Selbstlosigkeit des Orpheus so ergriffen, dass er dem Liebespaar eine neue Chance gibt. Am Landestheater Niederbayern in Passau inszenierte Urs Häberli, im Hauptberuf Intendant des Theaters in Kaiserslautern, die berührende Reise in die Unterwelt erfreulich konzentriert, schnörkellos, ja meditativ.
Ausstatterin Ursula Beutler hatte die Bühne weitgehend frei geräumt. Sie brauchte nicht mehr als ein weißes Segel, um Diesseits und Jenseits voneinander zu trennen. Wie in der Antike üblich, steht der Chor für das Schicksal, kommentiert das Geschehen mit Klagen, Freude, Verblüffung. Und natürlich haben die Furien ihren großen Auftritt, angeführt von Höllenhund Cerberus, um Orpheus zu hindern, die Schwelle zum Hades zu übertreten.
Das ist im kleinen Fürstbischöflichen Opernhaus von Passau auch deshalb so bewegend, weil Glucks Musik perfekt in diesen intimen Rahmen passt. Große Werke der Klassik klingen hier fast immer überdimensioniert; "Orpheus und Eurydike" wirkt akustisch wie maßgeschneidert. Das lag natürlich auch an Dirigent Ektoras Tartanis, der das kleine Orchester mit viel Fingerspitzengefühl und aufrichtiger Emotion leitete. Da war nichts gekünstelt oder übertrieben, sondern alles wahrhaftig. Ganz so, wie es Opernreformer Gluck als Idealbild vor Augen und Ohren hatte.
Intimer Rahmen: Glucks Oper "Orpheus und Eurydike" in Passau | Bildquelle: ©2025 Landestheater Niederbayern / Foto Peter Litvai
Emily Fultz gelang einmal mehr ein großartiges Rollenporträt. Sie musste ja im Grunde die Seele der Eurydike spielen, was schier unmöglich ist. Eine Frau, die nicht mehr von dieser Welt ist, aber ihr noch hinterhertrauert. Das erfordert erhebliche Zurücknahme, bei gleichzeitiger Intensität des Ausdrucks. Hervorragend auch der kroatische Bariton Krešimir Dujmić als Orpheus. Warmherzig im Ausdruck, gleichzeitig von männlicher Statur, stimmlich völlig unangestrengt, fast lässig. So stellt man sich einen Musikstar der griechischen Antike vor.
Insgesamt ein beglückender, nur rund 80-minütiger Opernabend, der das schwierige und riesenhafte Thema Liebe und Tod auf den Kern zurückführt: Immer wieder das Unmögliche zu versuchen und mit dem Scheitern niemals abzufinden.
Mehr Informationen zu den Folgevorstellungen und der Inszenierung finden Sie hier.
Sendung: "Allegro" am 24. Februar 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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