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Uraufführung in Bregenz Klangsuche und Kommunikationsstörung

Ob der Tod eines geliebten Menschen, Kommunikationsverbot im Gefängniss oder Polarisierung im politischen Diskurs: In Situationen emotionaler Überforderung fühlen sich Menschen oftmals sprachlos. Daran knüpft das Projekt "Unmögliche Verbindung" an, das der tschechische Komponist Ondřej Adámek mit dem Frankfurter Ensemble Modern für die Bregenzer Festspiele erarbeitet hat. Morgen findet die Uraufführung statt.

Szenenbild "Unmögliche Verbindung", Inszenierung Bregenzer Festspiele 2024 | Bildquelle: © Bregenzer Festspiele / Eva Cerv

Bildquelle: © Bregenzer Festspiele / Eva Cerv

Ein schwarzer Kubus bildet das Zentrum der Werkstattbühne. Ein massiver, undurchdringlicher Block, vor dem ein Wald von rund 30 Mikrofonen steht. Zwei Protagonistinnen tauchen auf, kommen jede von einem Spot verfolgt durch den Mikrofonwald nach vorne. Sie atmen unruhig, stammeln Sätze "Nur mit mir", "where are you". Ihre Männer sitzen im Gefängnis. Später tauchen auf dem Kubus Fenster mit Gittern auf. Die Frauen können mit ihren Männern nicht in Kontakt treten. Handyverbot.

"Wie kommt man mit sich selbst ins Gespräch?"

Die Regie für dieses performative Musiktheater des Ensemble Modern unter Leitung des Tschechen Ondřej Adámek hat Thomas Fiedler entworfen. Bei "Unmögliche Verbindungen", so der Titel, gehe es um mehr, sagt er, als nur um die Frauen, die nicht mit ihren inhaftierten Männern kommunizieren können. Es sei nur der Ausgangspunkt für das 80-Minütige Werk. "Wir haben gemeinsam eine Erzählung gefunden, in der wir unterschiedliche Aspekte von Kommunikation zeigen, musikalisch, stimmlich, bildhaft, situativ, zwischen einzelnen Musikern oder auch im Gesamtensemble,", sagt Fiedler.

"DER FREISCHÜTZ" BEI DEN BREGENZER FESTSPIELEN

Die Bregenzer Festspiele eröffneten heuer am 17. Juli mit der Premiere von Carl Maria von Webers "Der Freischütz", inszeniert von Philipp Stölzl. Lesen Sie hier die Premieren-Kritik.

Es gehe also um Fragen, wie kommt man mit sich selbst ins Gespräch, kann man sich jemand anders gegenüber äußern? Aber dann auch: Wie organisiert sich eine Gesellschaft in kleineren Kreisen, aber auch großen. Und ganz wichtig: Die globale Probleme, wie kann man mit denen umgehen? Und manchmal sei das alptraumhaft, manchmal wisse man gar nicht, wie man sich verhalten soll. "Manchmal ist man selber proaktiv und will etwas durchsetzen. Manchmal stößt man da auf andere Gegenspieler. Und für dieses haben wir versucht, einen großen Verlauf, herzustellen."

Klangwelten zwischen Klassik, Neuer Musik und Jazz

Und so entwickelt sich aus den Fetzen von Lauten und dem amorphen Gebilde, das die zwei Frauen anfangs in den Raum projizieren, allmählich eine orchestrale Struktur, die Adámek mit den Ensemble Modern komponiert hat. Es sei faszinierend, welche Klangwelten zwischen Klassik, Neuer Musik und Jazz dabei entstehen, weil die dreizehn Instrumentalisten und fünf Choristen jede und jeder für sich über ein faszinierendes klangliches Spektrum verfügen. Dabei versteht sich Adámek als dirigierender Mitspieler.

Ein humanistischer Ansatz für eine bessere Welt

Sollen wir Zusammenwirken oder nur in unserer Ich-Bezogenheit auf Verbesserung hoffen? Das fragen die beiden Protagonistinnen, während sich immer mehr Gemeinsames herausbildet. Ein humanistischer Ansatz zwischen Skepsis und Gut-Wollen. Finden am Ende die Menschen für eine bessere Welt zusammen? Das Ensemble Modern bietet mit Ondřej Adámek auf jeden Fall eine Blaupause dafür an. Die beiden Vorstellungen bei den Bregenzer Festspielen bieten eine Gelegenheit, in eine facettenreiche moderne Klangwelt einzutauchen, die auch einen betörenden Groove hat.

Sendung: "Allegro" am 26. Juli 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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