Der 20. Januar hat einen besonderen Platz im US-amerikanischen Kalender. Alle vier Jahre wird an diesem Tag ein Präsident ins Amt eingeführt. Der alte und neue Amtsinhaber heißt Donald Trump, bekennender Pavarotti-Fan. Doch was bedeutet seine Wiederwahl für die amerikanische Kulturszene?
Bildquelle: dpa-Bildfunk/Alex Brandon
Es ist ein skurriles Kapitel aus dem vergangenen Präsidentschaftswahlkampf. Im Oktober 2024 ließ Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania gleich zwei Mal das "Ave Maria" von Franz Schubert einspielen. Nämlich jeweils zu dem Zeitpunkt, als bei der überfüllten Veranstaltung Menschen im Publikum kollabierten. Mit dem Kunstlied wollte der republikanische Präsidentschaftskandidat den Sanitätern helfen, die Patienten wiederzubeleben. Dabei wählte Donald Trump nicht irgendeine Aufnahme aus, sondern die Version von Luciano Pavarotti, den er bereits im 2016er-Wahlkampf als "great friend of mine" bezeichnet hatte.
Spielt die Pavarotti-Aufnahme vom 'Ave Maria'! Schön laut! Dreht hoch. Wir wollen bisschen Leben haben in der Bude.
Nun ist bei all seiner Begeisterung für den 2007 verstorbenen italienischen Jahrhunderttenor dennoch nicht davon auszugehen, dass Trump ein besonderes Herz für die klassische Musik hätte. Bereits in seiner ersten Amtszeit wollte er das National Endowment for the Performing Arts, den nationalen Fördertopf für Kunst und Kultur, vollständig abschaffen. Dieses Vorhaben scheiterte damals am Widerstand des für Haushaltsfragen zuständigen Kongresses, übrigens Widerstand von sowohl Demokraten als auch Republikanern. Man muss sich vor Augen führen, dass das Budget im Vergleich zu Deutschland mit 231 Millionen USD (entspricht etwa 226,4 Millionen Euro) für das Fiskaljahr 2024 sehr gering ausfällt: Die deutsche Behörde der Staatsministerin für Kultur und Medien verfügt mit einem Betrag von 2,2 Milliarden Euro über das knapp Zehnfache. Dazu kommen die Fördertöpfe der einzelnen Bundesländer. In Bayern etwa wird für Kunst und Kultur laut Ministerium für dieses Jahr mit einer Summe von mehr als einer Milliarde geplant – obwohl nicht alles Gold ist, was glänzt. Ein Großteil der Summe geht in Leuchtturmprojekte wie die Bayerische Staatsoper. Die freie Szene und auch kommunal finanzierte Theater hingegen sind teils von starken Kürzungen betroffen.
Wie es in den USA weitergeht, ist unklar. Die Behörde des National Endowment for the Performing Arts möchte sich trotz mehrfacher BR-Anfragen nicht zu ihrer Zukunft sowie zur neuen US-Regierung äußern und verweist auf Pressemitteilungen des abgelaufenen Jahres. Einen Hinweis darauf, wie es laufen könnte, gibt der Bundesstaat Florida. Donald Trumps Parteifreund, Gouverneur Ron DeSantis, hat soeben den öffentlichen Kulturfonds gestrichen. Von ursprünglich budgetierten 32 Millionen USD bleiben: genau null. Der Anlass für die Streichung: Das Orlando Fringe Festival, ein 14-tägiges, jährlich stattfindendes Festival der freien Theaterszene, das verschiedene Kulturstätten in der 2,7-Millionenstadt im Orange County bespielt. Gouverneur DeSantis missfällt die Tatsache, dass dort auch Drag Queens auftreten.
Wisst ihr, was mit euren Steuergeldern für Förderungen passiert? Zum Beispiel geht das Geld ins Fringe Festival. Das ist so ein Sexfestival, wo die alles Mögliche machen. Wer von Euch denkt, dass Eure Steuern da hinfließen sollten?
Angesichts der geringen Fördersummen, die seit der Privatisierungswelle in den 1980er-Jahren unter Präsident Ronald Reagan der öffentlichen Hand zur Verfügung stehen, konzentriert sich die Kultur schon längst auf andere Finanzierungsquellen. Spitzenadressen der klassischen Musik wie die New Yorker Metropolitan Opera oder die Symphonieorchester aus Boston und Chicago wären ohne massive private Zuwendungen von Mäzenen oder potenten Unternehmen schlichtweg nicht mehr existent. Das Chicago Symphony Orchestra muss neben einem Kartenverkauf von 300.000 Tickets pro Jahr über Fundraising 24 Millionen USD von Sponsoren erwirtschaften, um den Betrieb am Laufen zu halten. Dale Hedding, Fundraising-Direktor des CSO, ist Fan von diesem System. Vom deutschen Fördersystem hält er wenig und sagt: "Es gibt in Europa diese merkwürdige Erwartung, dass die Regierung finanzielle Sicherheit gewährleisten muss. Aber auf Europa kommen große Herausforderungen zu in der Zukunft. Deutschland steht momentan vielleicht besser da als etwa England. Aber die Subventionen gehen doch deutlich zurück. Was passiert dann, wenn man ein paar Millionen Dollar oder Pfund verliert?"
Nachdem die Fördersummen in den USA insgesamt eher gering ausfallen und die allermeisten Förderanträge entweder nicht oder nur mit geringen Summen berücksichtigt werden können, dürfte sich für die meisten freien Ensembles und andere Akteure in der US-amerikanischen Kulturszene nicht allzu viel verändern. Abgesehen von der konkreten Summe, die eine US-Regierung in die Kulturförderung zu investieren bereit ist: Nationale Förderung von Kunst und Kultur ist auch ein Bekenntnis, das man als Nation gegenüber seinen Kunstschaffenden zu geben bereit ist. Es bleibt abzuwarten, welchen Stellenwert die Trump-Administration der eigenen Kulturszene beimisst.
Sendung: "Allegro" am 21. Januar 2025 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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