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Münchner Musikhochschule Neues Institut fördert Hochbegabte

Die Hochschule für Musik und Theater München gründet ein eigenständiges Institut zur Hochbegabtenförderung. Hochschulpräsidentin Lydia Grün erklärt im BR-KLASSIK-Interivew, warum das so wichtig ist und was junge Menschen dort erwartet.

Die Hochschule für Musik und Theater in der Arcisstraße in München. | Bildquelle: BR/Fabian Stoffers

Bildquelle: BR/Fabian Stoffers

BR-KLASSIK: Frau Grün, wie fühlen Sie sich heute an diesem Tag, an dem endlich Ihre Young Academy an den Start gegangen ist?

Lydia Grün: Sehr beschwingt, weil wir das standesgemäß als Musikhochschule mit viel Musik getan haben und jetzt ein zwölftes Institut haben. Es ist existenziell für uns als Musikhochschule, uns sehr früh um musikalische Bildung für sehr begabte junge Menschen zu kümmern.

BR-KLASSIK: Ab wann sprechen wir denn eigentlich von Hochbegabung? Also wonach suchen Sie die Jugendlichen für die Young Academy aus?

Lydia Grün: Es ist tatsächlich so, dass Kinder und Jugendliche so gut wie Vollstudierende sein müssen, wenn sie sich hier um ein Jungstudium bewerben. Und die künstlerische Exzellenz, das Potenzial, das prüfen wir in Eignungsverfahren, so wie bei allen anderen Studiengängen auch. Aber das Besondere an dem heutigen Tag ist, dass wir das Jungstudium, was es auch schon vorher gab, um ein Talentprogramm ergänzen. Da gehen wir eher, wir nennen das "potenzialorientiert" vor.

BR-KLASSIK: Was bedeutet das?

Die Präsidentin der Hochschule für Musik und Theater München Prof. Lydia Grün. | Bildquelle: Adrienne Meister Lydia Grün: Präsidentin der Hochschule für Musik und Theater München | Bildquelle: Adrienne Meister Lydia Grün: Also eine ganz so scharfe Aufnahmeprüfung wie im Vollstudium ist es nicht – natürlich gibt es auch ein Vorspiel – aber da geht es eher darum, sehr junge Kinder und Jugendliche schon an die Hochschule heranzuführen. Jemand, der bei uns neu in das Talentprogramm aufgenommen wird – das geht ab sechs Jahren los – der wird sowohl von einem Lehrenden der Musikhochschule unterrichtet als auch von dem bisherigen Lehrenden, und das eben partnerschaftlich.

BR-KLASSIK: Jetzt gibt es das Konzept schon lange, dass Jugendliche schon während der Schulzeit an der Uni Unterricht haben. Was wollen Sie denn mit Ihrer Akademie anders machen?

Lydia Grün: Mit der Gründung eines Instituts hat eine Jugendakademie oder eine Hochbegabtenförderung keinen Projektcharakter mehr. Es ist also institutionalisiert, das bedeutet, es kann auch nicht mehr einfach so gestrichen werden. Wir können uns mehr Personal leisten. Und wir können mit der zusätzlichen Programmlinie des Talentprogramms viel früher ansetzen. Außerdem können wir die so wichtigen ergänzenden Lehrangebote, die Kinder und Jugendliche auch benötigen, aufstocken. Da ist das Thema Gehörbildung oder Musiktheorie oder das Ensemblespiel. Und nicht zu vergessen die Frage, wie wir eigentlich mit dem Thema Gesundheitsförderung im Hochbegabtenbereich umgehen. Das ist neu in der ausführlichen Form.

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Die Klassikwelt ist im Wandel – und die Musikhochschulen könnten dabei zu einer Art Zukunftslabor für die Musikszene werden. Das wünscht sich zumindest die Präsidentin der Hochschule für Musik und Theater in München, Prof. Lydia Grün. Im Orchester-Podcast SCHOENHOLTZ spricht Lydia Grün mit BRSO-Geigerin und Podcast-Host Anne Schoenholtz über ihre Visionen für den Musikernachwuchs.

BR-KLASSIK: Sind die Teilnehmenden bei der Young Academy eher unter sich? Oder sind sie auch mal zu Gast in einem Seminar bei den Vollstudierenden?

Lydia Grün: Der größte Unterschied zu den "regulären" Studierenden ist, dass sie noch zur Schule gehen und es vor allem ein Zeitproblem ist, sich voll zu integrieren. Aber der gemeinschaftliche Gedanke ist ganz wichtig. Deshalb gibt es bei uns im Jungstudium den sogenannten Samstagsunterricht und da treffen sie sich in Gruppen und haben auch intensiven Kontakt untereinander. Diese Menschen haben im Alltag oft nicht die Möglichkeit, ihre Gedankenwelt mit "Gleichgesinnten" zu teilen. Ab und an nehme ich auch Teil an Workshops und spüre eine enorme Energie und Leidenschaft, das ist ganz faszinierend. Es ist ja auch generell eine spannende Phase, so zwischen 13 und 16 Jahren.  

BR-KLASSIK: Was haben die Jugendlichen denn für einen Blick auf die Klassikbranche?

Lydia Grün: Einen fragenden. Sie gehen sehr wach durch die Welt. Und mit ganz einfachen Fragen kommt man relativ schnell in eine sehr tiefe Diskussion. Wofür ist zum Beispiel Musik da, oder wofür braucht es Kultur heute? Und da kommen auch sehr unterschiedliche Antworten, beziehungsweise einfach nicht die eine Antwort. Ich nehme es schon wahr, dass diese Menschen ihren Radar ausfahren. Und ich finde es auch erfüllend, zu sehen, dass sie einfach so eine große Kraft haben, für diese Musik einzustehen, die wir hier in der Hochschule machen. Und sich als lebendigen Teil der Gesellschaft zu verstehen. Und natürlich spielen die großen Krisen, die ganz großen Fragen bei dieser jungen Generation eine riesige Rolle. Weil natürlich die Frage ist: Welche Perspektive können wir uns gemeinsam erarbeiten? Und wir merken das auch jetzt bei unseren Vollstudierenden, welche Inhalte sie auf die Bühne bringen. Das ist auch durchaus mal dystopisch. Aber das gehört, finde ich, auch dazu, sowas auf die Bühnen zu bringen und sich damit künstlerisch auseinanderzusetzen.

Sendung: "Leporello" auf BR-KLASSIK am 09.04.2025 ab 16:05 Uhr

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