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Kostprobe | 09.01.2022 Das Wohltemperierte Klavier

Debüt für einen "alten Hasen": Andreas Staier legt erstmals eine Gesamteinspielung des Zyklus "Das Wohltemperierte Klavier" von Johann Sebastian Bach vor, beginnend mit Teil II. Und er setzt mit seiner Interpretation gleich Standards.

Bildquelle: © Harmonia Mundi

Für seine CDs hat Andreas Staier bereits alle wichtigen internationalen Auszeichnungen erhalten: vom Diapason d'or über den Gramophone Award bis zum Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Seine Diskografie reicht von William Byrd bis Johannes Brahms. Einer der großen Zyklen der barocken Tastenmusik war allerdings bisher nicht dabei: das "Wohltemperierte Klavier" von Johann Sebastian Bach.

"Update"

Nun legt Andreas Staier seine Interpretation dieses Kompendiums der Bachschen Claviermusik vor, beginnend mit dem zweiten Teil. Er enthält wie der erste 24 Präludien und Fugen durch sämtliche Dur- und Moll-Tonarten und ist, anders als es der Titel suggerieren könnte, keine bloße Fortsetzung. Vielmehr hat sich Bach 1740, 18 Jahre nach dem ersten Zyklus, entschlossen, das gesamte Projekt noch einmal zu realisieren - gewissermaßen ein "Update" mit den neuesten "Features" seiner Kompositionskunst.

Stets im Trend

Denn Bach hatte inzwischen sein stilistisches Repertoire erheblich erweitert. Unter dem Einfluss seiner Söhne setzte er sich auf seine alten Tage mit den jüngsten musikalischen Trends auseinander - insbesondere mit dem gerade modischen galanten Stil. So zeigt er etwa im Präludium f-Moll der jungen Generation, dass er auch ihre Musiksprache beherrscht. Und auch in den Fugen packt Bach nochmal seine ganze Kunstfertigkeit aus, wobei er hier generell zur Verdichtung tendiert, zu einer Satztechnik, die das kontrapunktische Potenzial auf engstem Raum auszuschöpfen versucht.

Feinfühlig

Andreas Staiers Cembalo ist der Nachbau eines Instruments von Albrecht Hass aus dem Jahr 1734. Es bringt den Farbenreichtum mit, den es für Bachs ungeheure Ausdrucksspanne braucht. Dabei zeichnet es sich durch einen volltönenden, warmen, eher dunklen Ton aus, der sich am Klangbild der damals immer beliebteren Hammerklaviere orientiert. Also weit entfernt vom viel gescholtenen Nähmaschinen-Staccato - das kommt freilich auch der feinfühligen Spielweise von Andreas Staier entgegen. In der Ausgestaltung von Phrasen und Bögen ist kaum jemand so eloquent wie Staier, der Bachs Musik klingen und sprechen lässt: Es war an der Zeit, dass er sich nun auch dem "Wohltemperierten Klavier" zugewandt hat.

Das Wohltemperierte Klavier, Teil II

Johann Sebastian Bach
Andreas Staier, Cembalo
Label: Harmonia Mundi

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 9. Januar 2022, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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