Liverpool, 15. Oktober 1946. Benjamin Brittens "The Young person's guide to the Orchestra" wird uraufgeführt. Entstanden ist dieses Werk als Orchesterführer "für junge Leute", wie der Titel schon sagt. Doch Britten schaut nicht von oben auf sein jugendliches Publikum herab, sondern löst seine Aufgabe auf spannende Weise. Und mit Erfolg: Das Stück gehört bis heute zu Brittens meistaufgeführten Kompositionen.
Bildquelle: picture-alliance/dpa
Das Kalenderblatt zum Anhören
So leicht, so transparent, so positiv und glücklich wie ein Ferientag im Sommer. Ein Gefühl ist es, das Benjamin Britten seinen jungen Zuhörern schenkt. Klar, entstanden ist dieses Werk als ein Stück komponierter Musikpädagogik. Die Idee ist, dass Kinder hingeführt werden zu Klassischer Musik und den Klangmöglichkeiten des modernen Orchesters. Und eigentlich soll ein Dokumentarfilm im Auftrag des britischen Bildungsministeriums zu diesem Thema entstehen, Britten die Musik dazu schreiben und der Film in den Schulen in ganz England gezeigt werden.
Pädagogisch wertvoll, mit erhobenem Zeigefinger. Ganz didaktisch. Und dann haben alle Kinder Glück, in England und überall sonst auf der Welt, wo dieses Werk gespielt wird. Denn Benjamin Britten löst diese Aufgabe auf seine Weise. Ganz Peter Pan-mäßig – von Kinderseele zu Kinderseele. Als Thema wählt er Musik von Henry Purcell, den er sehr verehrt. Nämlich eine Hornpipe aus Purcells Bühnenstück "Abdelazer", was schon mal grundsätzlich eine geniale Idee ist, denn genau dieses Stück wird immer wieder von englischen Schulorchestern gespielt und ist daher vielen Kindern vertraut.
Die Form von "Young person's guide to the orchestra" ist einfach: Erst spielt das gesamte Orchester das Thema, dann die einzelnen Gruppen und am Schluss nochmal alle. Und dann kommen die Variationen. Jede Instrumentengruppe hat ihren persönlichen Auftritt, jeder darf mal. Und gleichzeitig erleben die Zuhörer, wie selbstverständlich die Melodien durchs Orchester wandern. Wie die einen vortreten und die anderen in den Hintergrund. Jeder ist wichtig, und am Schluss kommt die große Fuge. Eine Melodie von Britten reicht hier dem Purcell-Thema die Hand über 250 Jahre hinweg.
Das Werk widmet Benjamin Britten "den Kindern von John und Jean Maud, einem befreundeten Paar: Humphrey, Pamela, Caroline and Virginia, für ihre Erbauung und Unterhaltung" 1945. Und seither zaubert es jedes Mal aufs Neue, wo immer und wann immer es gespielt wird, Begeisterung und Glück auf Kindergesichter.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Benjamin Britten - The Young Person's Guide to the Orchestra | WDR Sinfonieorchester
Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 8:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.
Sendung: "Allegro" am 15. Oktober 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)