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Wolfgang Amadeus Mozart Oboenkonzert C-Dur, KV 314

Die Oboe inspirierte von der Barockzeit bis heute zahlreiche Komponisten. Bei Mozart kommt sie als Soloinstrument seltener vor. Und das einzige Oboenkonzert, das er schrieb, tauchte erst Mitte des 20. Jahrhunderts aus der Versenkung wieder auf. BR-KLASSIK stellt das Oboenkonzert in C-Dur gemeinsam mit dem Oboisten Albrecht Mayer vor.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Bühne frei! Achtung, Oboe! Welche Wonne, welche Lust, trällert sie ein Lied – lustig und gewitzt. Gibt eine dramatische Szene à la Rondo. Schlüpft von einer Rolle in die Nächste. Redend, singend, sprudelnd. Wie das Blondchen, die aufmüpfige Kammerzofe aus der "Entführung aus der Serail", Feuer und Flamme für die Idee der Freiheit. Doch die war erst 1782 mit heller Stimme über die Opernbühne in Wien gewirbelt, als die Oper ihre Premiere hatte. Eine instrumentale Opernszene hatte Wolfgang Amadeus Mozart schon 1777 komponiert. Als junges Genie, 21 Jahre alt, voller Tatendrang. Endlich raus aus der Enge Salzburgs – und raus in die weite Welt. Aus seinem Sohn sollte etwas werden, das hatte Leopold Mozart, strategisch denkend, ja schon lange beschlossen. Und schickte ihn auf Reisen – nach Paris.

Sechzehnjährige Verlockung

Die Sängerin Aloysia Weber. Kupferstich, zeitgenössisch, von Johann Esaias Nilson (1721-1788). Spätere Kolorierung | Bildquelle: picture alliance/akg-images Mozarts Schwarm Aloysia Weber | Bildquelle: picture alliance/akg-images Der Filius schickte Briefe aus Mannheim, da tauchte eine merkwürdige Vokabel auf: die "Weberische". Eine Sechzehnjährige hatte Wolfgang Amadeus Mozart den Kopf verdreht: Aloysia Weber, begabt mit wunderschöner Stimme und dem Temperament einer Diva. Aus der Feder des jungen Mozart flossen Konzertarien, denn er träumte von Reisen mit der Angebeteten nach Italien. Außerdem kreuzte ein Musiker seinen Weg, der sogar in Gerbers Lexikon der Tonkunst stand als der beste Oboist weit und breit, berühmt für die Kunst zu singen mit Herz und Verstand.

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Aus Oboe ward Flöte

"Der Hautboist, dessen Namen ich nicht mehr weis, welcher aber recht gut bläst, und einen hübschen feinen Ton hat. ich habe ihm eine Präsent mit den Hautbois Concert gemacht, es wird im Zimmer bey Cannabich abgeschrieben, der Mensch ist närrisch vor freude." Dies schrieb Wolfgang Amadeus Mozart an seinen Herrn Papa – weniger entzückt als knapp im November 1777. Der Mannheimer Oboist, Friedrich Ramm, brillierte trotzdem mit Mozarts Konzert bei mindestens fünf Aufführungen. Und es erzielte jedenfalls: "einen großen Lärm", wie der Komponist nebenbei bemerkte. Der dachte allerdings nicht nur an Aloysia, sondern auch ans Geldverdienen. Und die Reise nach Paris, ein hoffnungslos überteuertes Pflaster. Deshalb vermutlich wurde dem Oboen-Schlachtross ein neues Kostüm verpasst. Ein reicher Dilettant hatte Flötenmusik bestellt, Quartette, ein Konzert. Mozart griff zur Feder, setzte das Konzert einen Ton höher – nach D-Dur. Die Oboenstimme ging dabei verloren.

Späte Rekonstruktion

Der Oboist Albrecht Mayer | Bildquelle: © Matthew Dine Der Oboist Albrecht Mayer | Bildquelle: © Matthew Dine Erst 1950 tauchte eine solche in Salzburg auf, voller Fehler zwar, doch KV 314 kam wieder zum Vorschein – als Oboenkonzert. Erst der Oboist Ingo Goritzki machte sich dann akribisch-wissenschaftlich auf Spurensuche. Albrecht Mayer über die Gründe von Mozarts Bearbeitung seines Oboenkonzerts: "Er war kein großer Freund der Flöte. Das weiß man aus der Korrespondenz mit seinem Vater. Er sagt da: 'Und dann bin ich immer gleich stuff, wenn ich für ein Instrument schreibe, das ich nicht leiden kann.' Er musste also irgendetwas nehmen."
Klingende Beweisführung. Der Tonumfang – zu klein für die Flöte, zu wenig virtuoses Spielwerk, stattdessen klingen Figuren, redend, singend, ein Konzert für Oboe eben. Eine kleine Reiseskizze mit einer Notiz Mozarts ist nur überliefert mit dem Anfang der Solostimme in C-Dur. Eine merkwürdige Tempobezeichnung steht über dem ersten Satz: "Allein schon der Titel 'Allegro aperto'", sagt Albrecht Mayer dazu. "Ein 'offenes Allegro', das muss ja irgendeinen Charakter haben. Es ist vielleicht wirklich etwas Offenes, etwas auch Rezitativisches, da kommen immer diese kleinen Breaks, und dann geht’s wieder im Tempo weiter. Und das ist ja schon eigentlich unglaublich revolutionär."

Das ist ja eigentlich unglaublich revolutionär.
Albrecht Mayer zum Kopfsatz von Mozarts Oboenkonzert

Achtel wie ein Herzschlag

Effektvolles Wechselspiel von Virtuosem und Gesangvollem – die Oboe: einer launischen Diva gleich. Szenenwechsel: Der langsame Satz "Adagio non troppo" klingt, als ob Mozart die Worte von Johann Mattheson befolgt hätte. Der hatte einmal gesagt, dass die Oboe der Menschenstimme wohl am nächsten käme, wenn sie mit der ganzen Wissenschaft der Sangeskunst traktiert werde. Ansonsten wünsche er sich lieber eine gute Maultrommel oder ein Kamm-Stückchen zu hören. Mozart entschied sich für die Oboe. "Man muss sich schon überlegen, wie langsam es ist", bemerkt Oboist Mayer zu diesem Satz. "Geht es wirklich auf Achtel oder auf Drei? Ich denke ganz bestimmt, es muss auf Drei gehen und nicht in diesen Achteln, das spürt man allein schon an der Bassbewegung. Diese Achtel deuten schon so etwas an wie einen Herzschlag. Es hat auch etwas Fließendes. Das ist zum Beispiel etwas, das so unglaublich oboistisch ist. Das kann ich mir auf der Flöte überhaupt nicht vorstellen."

Jede Note hat Bedeutung

Farbwechsel, Eintrübungen nach Moll – eine Musik, die nur scheinbar naiv und unbedarft daherkommt. Jede Note hat Bedeutung, ein Ausloten von Nuancen. Und an denen hat auch Albrecht Mayer seinen Spaß, besonders im letzten Satz. "Da gibt es diese Stelle kurz vor der Reprise, wo die Oboe so quasi ins Blaue hineinspielt und einfach aufhört. Und dann fängt man wieder an und weiß nicht: Wie wollte Mozart sowas? Wollte er einfach, dass es weitergeht, oder kann man so einen Break machen, dass es einfach wie ein kleiner Schluckauf klingt. Also ich betone einfach diesen Schluckauf-Charakter, weil ich finde: Das hat viel mehr Witz." Das vergnügte Blondchen mit Schluckauf? Ein Scherz für den Konzertsaal, inszeniert wie auf der Opernbühne. Mozart reiste weiter nach Paris, unglücklich verliebt. 1782 wirbelte Blondchen erstmals über die Opernbühne. Welche Wonne, welche Lust, trällerte sie vergnügt mit Tönen, mit denen hatte die Oboe allerdings schon einige Jahre früher ihre Witze gemacht.

Musik-Info

Wolfgang Amadeus Mozart:
Konzert für Oboe und Orchester C-Dur, KV 314


Albrecht Mayer (Oboe)
Mahler Chamber Orchestra
Leitung: Claudio Abbado

Label: Deutsche Grammophon

Sendung: "Das starke Stück" am 26. März 2024, 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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