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Sarah Caldwell wird geboren Nicht nur Dirigentin

Maryville, 6. März 1924. Sarah Caldwell wird geboren. Sie hat das amerikanische Musikleben des letzten Jahrhunderts entscheidend geprägt. Sie war die erste Frau, die an der MET dirigiert hat. Auch das Opernleben in Boston prägte sie jahrzehntelang. Ihr Geheimrezept war: möglichst viel selber machen.

Die Dirigentin Sarah Caldwell | Bildquelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

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Sarah Caldwell war eine musikalische Alleskönnerin: Dirigentin, Opernregisseurin, Musikwissenschaftlerin, Geigerin. Die Musikerin, die als erste Frau im Weißen Haus dirigiert. In den späten 60ern ist das, als die Präsident Johnson mit seiner Familie Caldwells Produktion von Jacques Offenbachs "Reise zum Mond" sehen will. Passend zur ersten Mondlandung, die Amerika gerade vorbereitet. Caldwells "Reise zum Mond" ist ihr erster großer Hit, aufgeführt mit der Opera Company of Boston. Schon zehn Jahre zuvor beim Boston Arts Festival schreibt der Boston Daily Globe mit einem Augenzwinkern: "Das Getöse, das Sie gehört haben, kam nicht von einem Raumschiff, sondern von den Standing Ovations des Festivalpublikums."

Caldwells Leidenschaft für die Oper

Sarah Caldwell hat die Musik in die Wiege gelegt bekommen. Ihre alleinerziehende Mutter gibt Klavierstunden, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Regelmäßig nimmt sie Sarah mit ins Konzert oder ins Theater. Die Geige wird zu Sarahs Instrument. Nach Boston zieht sie, um dort Geige zu studieren. Doch schnell wird ihre Aufmerksamkeit auf ein anderes Genre gelenkt: Boris Goldovsky bietet am New England Conservatory of Music Opernkurse an und weckt Sarahs Leidenschaft für die Bühne. Durch ihn habe sie die Entdeckung gemacht, dass sie ihr Leben zwei Dingen gleichzeitig widmen könne: der Musik und dem Theater. Sie wird Goldovskys Assistentin, nimmt Dirigierunterricht und lernt, Opern zu inszenieren und beginnt, ihre eigenen Produktionen zu initiieren.

Dreh- und Angelpunkt der Musik in Boston: Tanglewood

Komponist Igor Strawinsky | Bildquelle: George Hoyningen-Huené Igor Strawinsky - Ehrenvorsitzender von Sarah Caldwells Bostoner Opern-Kompanie | Bildquelle: George Hoyningen-Huené Ungefähr drei Stunden westlich von Boston liegt Tanglewood. Hier trifft sich im Sommer die Musikszene. Sarah Caldwell schwärmt, dass hier ganz frei von kommerziellen Zwängen experimentiert werden könne. Jeder und jede bringe das Werk, das man schon immer mal machen wollte. Sowohl als Studentin als auch als Professorin nimmt sie am Festival teil. Für sie auch eine tolle Gelegenheit, die Szene kennenzulernen. Sie arbeitet mit Leonard Bernstein und Boris Blacher zusammen, und Igor Strawinsky wird Ehrenvorsitzender ihrer Bostoner Opern-Kompanie.

Sarah Caldwells künstlerische Handschrift

Sarah Caldwell scheint eine ganz eigene Handschrift zu haben, mit der sie die Menschen für ihre Opern begeistert. Ihr Geheimrezept? Die Fäden in der eigenen Hand halten. Und in der Oper bedeutet das: viele Fäden in der Hand halten. Gelder akquirieren, Sänger casten, eine Arbeitsatmosphäre schaffen, in der die Crew zur Höchstform aufläuft. Und natürlich dirigieren und am liebsten gleichzeitig inszenieren. Zu diesem Zweck hat Sarah Caldwell für "Die Reise zum Mond" am Dirigierpult eine kleine Lampe installiert. Wenn Caldwell sie betätigt, wissen die Bühnenmitarbeiter, dass sie auf Position gehen müssen. Sie hat die Fäden in der Hand und gleichzeitig improvisiert sie. Mit ihrer Opernkompanie, die sie über 30 Jahre lang in Boston führt, hat sie lange keinen festen Aufführungsort und so spielt sie eben in Kinosälen und Sportanlagen und organisiert gelassen die Logistik hinter den aufwändigen Bühnenproduktionen. Hauptsache, später dann für einen kurzen Moment aus dieser Welt flüchten. Mit Opern auf Reisen gehen. Und das gemeinsam mit dem Publikum. Dann fühlt sich Sarah Caldwell lebendig.

Sarah Caldwell im Video

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Conductor Sarah Caldwell On The Dallas Civic Opera - March 1975 | Bildquelle: SMU Jones Film (via YouTube)

Conductor Sarah Caldwell On The Dallas Civic Opera - March 1975

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Sendung: "Allegro" am 06. März 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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