Düsseldorf, 28.Oktober 1853. UA FAE! Bitte? Immer diese Abkürzungen. "UA" steht in der Musikwelt für Uraufführung. So weit, so einfach. "F-A-E" dagegen ist eine Lebenshaltung, ein Motto, das romantische Image schlechthin: F-A-E bedeutet: "Frei aber einsam" und ist der berühmtgewordene Wahlspruch des ungarischen Geigers Joseph Joachim.
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(Bild: Der Geiger Joseph Joachim. Jugendbildnis. Zeichnung von Hermann Grimm)
Genau diesen Wahlspruch haben drei Freunde gemeinsam vertont. Nämlich Robert Schumann, dessen Schüler Albert Dietrich und ein gewisser Johannes Kreisler jr. Sie haben sich getroffen und die Initialen F-A-E als musikalisches Ausgangsmaterial für eine Violinsonate verwendet. Ja, und dann hat jeder was dazu komponiert. Dietrich den Eröffnungssatz, Schumann das Adagio und Finale und das Scherzo stammt von Johann Kreisler jun. Moment mal, wer ist denn überhaupt dieser Johann Kreisler jun.? Johann Kreisler ist klar: der legendäre und geniale Kapellmeister aus dem gleichnamigen Roman von E.T.A. Hoffmann. Aber Junior?
In den Jahren 1853 und 1854 komponiert dieser Johann Kreisler junior eine ganze Menge und alles hört sich nach Brahms an. Das liegt daran, dass alles von Brahms ist. Der junge Johannes Brahms nämlich identifizierte sich derartig mit der Romanfigur, dass er seine eigenen Kompositionen in dieser Zeit mit Johannes Kreisler junior unterzeichnete. Oh, diese Romantik!
Durch und durch romantisch war natürlich auch die Idee einer Gemeinschaftskomposition. Ein Freundschaftsbund, musikalisch besiegelt. Eine Art Blutbrüderschaft, nur eben mit Tönen. Am 28.Oktober 1853 jedenfalls spielte Joseph Joachim seine persönliche Sonaten-Überraschung zum ersten Mal, im Hause Schumann, am Klavier begleitet von Clara. Ob er, wie geplant, erraten hat, wer welchen Satz für ihn komponiert hat, ist unbekannt, sicher aber ist, dass das Motto "F-A-E" durch diesen Abend unsterblich geworden ist. Johannes Kreisler jun., äh, Johannes Brahms natürlich, hat noch oft mit diesem Motiv gearbeitet, wie etwa in seinem a-Moll-Streichquartett oder dem G-Dur- Streichquintett. Und auch Schumann fand die Tonfolge "F-A-E" so großartig, dass er gleich am nächsten Tag noch eine Violinsonate hinterhergeschoben hat. Seine dritte.
Vor Publikum spielte Joseph Joachim die FAE-Sonate erst im Januar 1854, und dann verschwand das Werk für die nächsten hundert Jahre aus den Konzertsälen, bis es 1956 endlich gedruckt wurde. Und jeden Musiker und jeden Zuhörer als das berührt, was es ist: das klingende Zeugnis einer großen Freundschaft.
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Schumann, Brahms, Dietrich – F-A-E Sonata (1853)
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Sendung: "Allegro" am 28. Oktober 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK