Wien, 18. Dezember 1892. Die Wiener Philharmoniker unter Hans Richter führen die Achte Symphonie von Anton Bruckner auf. Es ist das Happy End einer langen Story. Was war los?
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Bild: Anton Bruckner: 8. Symphonie, Skizzenblatt
Eigentlich läuft zunächst alles gut. Anton Bruckner hat die Achte schon fünf Jahre früher fertig und ist, ganz entgegen seiner Gewohnheit, zufrieden. "Halleluja!", notiert er, und: "Möge sie Gnade finden". Dann schickt er die Partitur an den Dirigenten Hermann Levi. Tja – und der wiederum findet sie unterirdisch: die Instrumentation ganz abscheulich, insgesamt schablonenartig nachempfunden der Siebten Symphonie, und überhaupt …
Immerhin sagt er es Bruckner nicht ganz so deutlich, aber dennoch: Bruckner schreibt um, wie fast jedes Mal – und das gründlich. Drei Jahre benötigt er für die Neufassung, die dafür stark von der ersten Fassung abweicht.
Vielleicht ist es seiner Stimmungslage geschuldet, oder der Wiener Liebe zum Morbiden: Die Achte Symphonie klingt düster. Und sie erhält den Beinamen "Mysterium" oder "Die Apokalyptische". Allein schon das Ende des Ersten Satzes: ein Dahinsterben mit Blick auf die Totenuhr, sagt Bruckner selbst sinngemäß über seine Coda. Danach tritt der "Deutsche Michel" auf. Das ist Bruckner ganz wichtig: quasi der deutsch-österreichische Volkscharakter, der sich positiv allen Schicksalsschlägen entgegenstellt.
Und dann ist Wagner dran, als musikalisches Zitat. Immer wieder verweist Anton Bruckner auf ihn – motivisch oder auch in der Instrumentation. Der Kritiker Eduard Hanslick ätzt sofort gegen die Wagnerlastigkeit des Werks, ausgerechnet bei einem bekennenden Symphoniker. Nutzt aber alles nichts: Die Achte schlägt ein – wie eine Naturgewalt. Das Publikum im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins tobt vor Begeisterung. Nach jedem Satz muss Bruckner aufs Podium kommen und schließlich drei riesige Lorbeerkränze entgegennehmen.
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[Full HD 1080p] Bruckner Symphony No. 8 Blomstedt (2020.11.16 live streamed)
Ein Triumph, ein Sieg des Lichts über die Dunkelheit – so wird es später heißen. Der größte Erfolg im Leben Anton Bruckners – und selbst sein Kontrahent Johannes Brahms muss zähneknirschend zugeben: Bruckner ist doch ein großes Genie.
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Sendung: "Allegro" am 18. Dezember 2020 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK