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Jacques Offenbach

Der Orpheus vom Rhein

Das Leben des Jacques Offenbach (6) Der unermüdlich Reisende und Tourende

1873 bittet Jacques Offenbach seinen Freund Albert Vizentini, ihm in Paris eine gute Kutsche mit einem sehr guten Pferd zu organisieren. Er habe nur fünf Minuten Zeit, um von der Gare de Lyon, wo er aus Aix-les-Bains eintreffe, zur Gare Saint-Lazare zu kommen, wo sein Zug nach Saint-Germain-en-Laye abfahre.

Jacques Offenbach auf dem Zug | Bildquelle: BR/Alex Naumann

Bildquelle: BR/Alex Naumann

Diese Episode ist typisch für Offenbach und das rastlose Leben, das er führt. Und das führt er nicht ohne Grund. Wie kein Komponist vor ihm kümmert er sich persönlich um die richtige Aufführung seiner Werke. Seit Johann Nestroy 1860 Orpheus in der Unterwelt ohne seine Einwilligung und mit fremder Instrumentation in Wien herausgebracht hat, studiert Offenbach dort jede Erstaufführung selbst ein. Ähnlich verhält es sich mit Berlin, Brüssel oder London. Ohne Eisenbahn war das nicht zu schaffen. Und der Komponist war ein begeisterter Nutzer dieses damals neuen Verkehrsmittels. Das ist seiner Musik durchaus anzuhören, deren mitreisende Motorik den Geist eines neuen Zeitalters der Mobilität heraufbeschwört. Nicht umsonst beginnt La Vie Parisienne auf der Gare de l'Ouest, nicht umsonst gibt es in Le Roi Carotte eine Ronde des Chemins de fer.

Immerzu arbeiten - auch unterwegs

Wie die Verkehrsmittel, derer er sich bedient, ist er immer in Bewegung - immer unterwegs von einem Werk zum andern, von einer Aufführung zur nächsten. Auch während der sommerlichen Theaterpausen bleibt Offenbach ein Reisender - ob er zur Erholung nach Saint-Germain-en-Laye fährt oder zur Kur nach Ems, Baden-Baden oder Aix-les-Bains. Dass seine Frau Herminie ihn auf diesen Reisen nur selten begleitet, hat zu etlichen Gerüchten über seine eheliche Treue geführt. Tatsächlich aber widmet er auch in den Kurorten den Großteil seiner Zeit mit seinem größten Laster: dem Arbeiten. Und wenn seine Librettisten nicht mitkommen können oder wollen, überflutet er sie mit Briefen und Arbeitsanweisungen. Aber selbst zuhause, in Paris, nutzt er jede freie Minute. So erwähnt sein Enkel Jacques Brindejoint-Offenbach "ein kleines Schreibpult, das er sich in seine Kutsche einbauen ließ, um - während sein Fahrer ihn von einem Theater zum andern kutschierte - beim flackernden Licht einer Kerze an seinen Kompositionen weiterarbeiten zu können, indem er in fliegender Hast die Liniensysteme seines Notenpapiers mit kaum wahrnehmbaren, aber beredsamen Notenköpfen füllte."

Jacques Offenbachs Leben

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