Jacques Offenbach
Der Orpheus vom Rhein
"Da ich mich permanent mit der Unmöglichkeit konfrontiert sah, mich aufführen zu lassen, kam mir die Idee, selbst ein Musiktheater zu gründen. Ich sagte mir einfach, die Opéra comique ist nicht mehr in der Opéra-Comique zuhause" - sondern in den Bouffes Parisiens.
Bildquelle: BR/Alex Naumann
So nämlich heißt das von Jacques Offenbach 1855 gegründete Theater, an dem er endlich seine eigenen Vorstellungen eines neuen komischen Musiktheatergenres realisieren kann. Es liegt nicht zufällig in unmittelbarer Nähe der damals stattfindenden Weltausstellung, deren Besucher sein erstes Publikum werden. Als Komponist und als Theaterunternehmer in Personalunion beherrscht Offenbach von Anfang an die Klaviatur des Marktes ebenso virtuos wie die des Musiktheaters. Die zweite Weltausstellung des französischen Kaiserreichs 1867 markiert denn auch den Gipfel seiner Popularität, als ganz Europa der Grandduchesse de Gérolstein huldigte. Laut Walter Benjamin bestätigt gerade dieses Werk Paris einmal mehr "als Kapitale des Luxus und der Moden. Und Offenbach schreibt dem Pariser Leben den Rhythmus vor.“ Damals hatte der Komponist längst die Direktion der Bouffes Parisiens niedergelegt und war ins Théâtre des Variétés umgezogen, wenn er nicht das Théâtre du Palais Royal belieferte. Später ist es das Théâtre de la Gaîté, dessen Direktion er bald übernimmt. Das kostet ihn zwar viel Geld, wird dafür aber den hohen Ansprüchen gerecht, die er an die Aufführungen seiner Werke, an seine Mitarbeiter und nicht zuletzt an sich selbst stellt.
Obwohl er stets um ein gutes Arbeitsklima bemüht ist, berichten Zeitgenossen, dass es vorkommen konnte, dass er "gutgelaunt zur Probe kam und mit seinem unnachahmlichen Akzent den Künstlern zurief: 'Liebe Freunde, bevor wir beginnen, möchte ich euch im Voraus um Verzeihung bitten für die unangenehmen Wahrheiten, die ich nicht versäumen werde, euch gleich zu sagen!' - Allgemeines Lachen. Doch bald bekundete Offenbach seine gewohnte Nervosität: 'Ce n'est pas ça ...' Man fing nochmal von vorne an, wiederholte. Offenbach schlug den Takt mit seinem Spazierstock, sang den Sängern vor, wie er es haben wollte, machte den Figuranten vor, wie sie tanzen sollten, führte den Cancan an, fordernd, ausdauernd, unermüdlich, und in einem teuflischen Tempo. Eher waren alle andern müde, als dass er selbst ermüdete."