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Kritik – Wiederaufnahme "Götterdämmerung" Weißt Du, wie das wird?

Zum Abschluss ihres ersten Bayreuther "Ring"-Dirigats wird Simone Young vom Publikum frenetisch gefeiert, während sich an der Inszenierung von Regisseur Valentin Schwarz nach wie vor die Geister scheiden.


"Götterdämmerung" Bayreuther Festspiele 2024 | Bildquelle: ©Enrico Nawrath

Bildquelle: ©Enrico Nawrath

Was die Zukunft bringt, das wissen wohl wirklich nur die Nornen. Doch in der Geschichte der Bayreuther Festspiele gab es immer wieder Produktionen, die nach anfänglichem Unruhen Kultstatus erreichten. Man denke etwa an den "Lohengrin" von Hans Neuenfels oder die "Ring"-Inszenierungen von Patrice Chéreau und Frank Castorf, die alle mit lautstarken Protesten begannen und später von einer stetig wachsenden Fangemeinde mit Ovationen verabschiedet wurden. Dass Regisseur Valentin Schwarz eine ähnliche Widergutmachung erleben wird, scheint derzeit aber weiterhin unwahrscheinlich. Auch im dritten Jahr wird seine Deutung des "Ring des Nibelungen" vom Publikum immer noch zornig abgestraft. Und als er sich am Ende der "Götterdämmerung" vor dem Vorhang zeigt, mischen sich nur wenige überzeugte Bravorufe in das aggressive Buh-Gewitter. Eine Reaktion, die in dieser Heftigkeit nicht durchwegs nachvollziehbar ist.

Valentin Schwarz bei BR-KLASSIK

Lesen Sie hier ein ausführliches Interview mit dem Regisseur Valentin Schwarz über seine Deutung von Wagners Ring.

Zwiespältige Inszenierung

Sicher, das Konzept hat im Laufe der vier Opern seine Höhen und Tiefen. Gerade weil Schwarz manchmal ein wenig zu viel will, sich mit seiner konsequenten Entmythologisierung zuweilen selbst ein Bein stellt und manche Chance verschenkt. Doch scheint man darüber nur zu schnell die positiven Seiten zu verdrängen, über die dieser "Ring" nun mal eben auch eindeutig verfügt. So zu sehen etwa in der dicht gearbeiteten "Walküre". Dass Schwarz Personen genau zu führen versteht, zeigt sich am letzten Tag der Tetralogie erneut unter anderem im atmosphärisch aufgebauten zweiten Aufzug. Wenn Hagen bei seinem Boxtraining von Alberich mit neuen Hass-Parolen aufgewiegelt wird, wenn der stimmgewaltige Chor seinen beklemmend inszenierten Auftritt bekommt, oder wenn die drei Verschwörer Siegfrieds Tod planen, während im Hintergrund das rauschende Hochzeitsfest gefeiert wird.

Solides musikalisches Fundament


"Götterdämmerung" Bayreuther Festspiele 2024 | Bildquelle: © Enrico Nawrath Bildquelle: © Enrico Nawrath Im Gegensatz zur Regie wird Simone Young geradezu mit Ovationen überschüttet. Als erste Frau hat sie nun den "Ring"-Zyklus auf dem Grünen Hügel dirigiert und dabei mit epischer Breite das solide musikalische Fundament gebaut, das der umstrittenen Inszenierung in den Vorjahren zuweilen fehlte. Ohne sich zu verkünsteln oder in falschem Pathos zu verlieren, führt die Dirigentin das Orchester an straffen Zügeln durch die Partitur, bleibt dabei aber gleichzeitig souverän genug, um die Dinge hin und wieder auch mal entspannt laufen zu lassen. Denn ähnlich wie oben auf der Bühne, steht bei Simone Youngs dynamisch differenzierter Lesart vor allem das Menschliche im Zentrum.

Überzeugend: Die Rollengestaltung der Sängerinnen und Sänger

Davon profitieren auch die Sängerinnen und Sängern. Catherine Foster als erfahrene Brünnhilde darf sich hier ebenso sicher aufgehoben fühlen wie Rollen-Neuling Klaus Florian Vogt. Obwohl sein heller, lyrischer Tenor für den Siegfried oft etwas leicht erscheinen mag, biegt er sich die Rolle gut zurecht und verleiht ihr eine gewisse naive Unschuld. Was für Mika Kares umso leichteres Spiel bedeutet. Als Hagen agiert er mit der angemessenen Brutalität, kann seinen tiefschwarzen Bass wenn nötig aber durchaus sanft zurücknehmen. Was den intriganten Mörder nur umso gefährlicher macht.

Alles rund um die Bayreuther Festspiele

Wir übertragen sieben Opernproduktionen, begleiten Stars und Neulinge auf dem Grünen Hügel, laden namhafte Kritikerinnen und Kritiker zum Gespräch und machen Sie mit den Wagner-Crashkursen "klassik shorts" fit für die Bayreuther Festspiele. Entdecken Sie hier unser BR-KLASSIK Online-Dossier rund um den Grünen Hügel.

Potenzial für die Zukunft


"Götterdämmerung" Bayreuther Festspiele 2024 | Bildquelle: © Enrico Nawrath Bildquelle: © Enrico Nawrath Es wäre der Produktion zu wünschen, dass nach zahlreichen Umbesetzungen fürs kommende Jahr nun endlich etwas Stabilität auf der Besetzungsliste einkehrt. Und vor allem, dass auch Simone Young nach ihrem glänzenden Einstand in den Graben zurückkehren darf. Hat sie doch bewiesen, über welches Potenzial dieser "Ring" verfügt, wenn Bühne und Graben an einem Strang ziehen.

Sendung: "Piazza" am 3. August 2024 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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