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Kritik Wiederaufnahme "Walküre" Bayreuther Belcanto

Im dritten Jahr ihrer Laufzeit ist die kontrovers aufgenommene Bayreuther "Ring"-Inszenierung von Valentin Schwarz diesen Sommer in vielen zentralen Partien neu besetzt. Die Wiederaufnahme der "Walküre" wird so zu einem wahren Stimmenfest.

Szene aus "Die Walküre", Bayreuther Festspiele 2024 | Bildquelle: ©Enrico Nawrath

Bildquelle: ©Enrico Nawrath

Schon lange dürfte kein Bayreuth-Debüt mehr mit so großer Spannung erwartet worden sein wie das von Michael Spyres. Immerhin hatte sich der amerikanische Tenor zu Beginn seiner Karriere vor allem im italienischen Belcanto einen Namen gemacht, bevor er anfing sich langsam in Richtung schweres Fach voranzutasten. Und viele der bei Rossini und Co. gesammelten Erfahrungen sind nun auch bei seinem ersten Siegmund auf dem Grünen Hügel zum Glück noch immer deutlich zu spüren. Obwohl in der Premieren-Nervosität die eine oder andere Phrase noch mit hörbarem Respekt angegangen wird. Es dürfte aktuell wenige Kollegen geben, denen Liebesbekundungen im ersten Aufzug so geschmeidig über die Lippen gehen, ohne dass man dafür in den heldischeren Passagen Abstriche machen müsste. Lediglich bei der Textsicherheit darf an der einen oder anderen Stelle noch etwas mehr gefeilt werden. Dann ist auch der für nächsten Sommer in Bayreuth angekündigte Stolzing definitiv in greifbarer Nähe.

Lyrische Heroinen: Vida Miknevičiūtė und Catherine Foster

Zur Seite steht Sypres an diesem Abend aber noch eine weitere Bayreuth-Debütantin. Und so wie ihr Partner wird auch Vida Miknevičiūtė für ihr leidenschaftliches Portrait der Sieglinde vom Publikum stürmisch gefeiert. Denn die litauische Sängerin ist nicht nur eine fesselnde Bühnenerscheinung, sondern verfügt dazu noch über einen tragfähigen Sopran, der sich selbst beim größten Aufbäumen des Orchester mühelos seinen Weg bahnt. Eine Qualität, die sich auch bei Catherine Foster findet. Sie ist mittlerweile seit mehr als zehn Jahren Bayreuths Brünnhilde vom Dienst, hat sich aber dennoch die lyrischen Facetten ihrer Stimme bewahrt und verleiht Wotans Tochter so auch verletzliche Züge.

Abkehr vom Mythos

Szene aus "Die Walküre", Bayreuther Festspiele 2024 | Bildquelle: ©Enrico Nawrath Szene aus "Die Walküre" bei den Bayreuther Festspielen 2024 | Bildquelle: ©Enrico Nawrath Anders als am Vorabend, wo Regisseur Valentin Schwarz sich konzeptionell teilweise ein wenig verzettelte, läuft es bei der "Walküre" in szenischer Hinsicht deutlich runder und konsequenter. Was daran liegen mag, dass wir mit dem Wälsungen-Drama die wohl menschlichste der vier "Ring"-Opern erleben und der Versuch, den Mythos zu entmythologisieren hier folgerichtig am besten aufgeht. Im Gedächtnis bleiben bei den dicht gearbeiteten Beziehungsgeflechten vor allem die stummen Auftritte von Christa Mayer als Fricka. Sie behält das Geschehen nämlich auch nach ihrem rhetorisch souverän geführten Ehekrach mit Wotan genau im Auge und wird so zur aktiven Strippenzieherin des Dramas.

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Jenseits der Wunschkonzertnummern

Der Göttervater selbst schwankt bei Tomasz Konieczny dagegen meist zwischen maßloser Selbstverliebtheit und dunkel grollendem Zorn über die eigenen Verfehlungen. Andere Saiten darf er erst bei Wotans Abschied aufziehen, den Schwarz als Moment der höchsten Einsamkeit inszeniert. Und wohl nicht ganz ohne Zufall kann das Publikum ausgerechnet bei dieser Wunschkonzertnummer dank der verspiegelten Rückwand einen Blick in den mystische Abgrund des Orchestergrabens werfen. Dorthin wo Dirigentin Simone Young auch an diesem Abend wieder eine überaus differenzierte Lesart der Partitur liefert. Eine klug ausbalancierte Interpretation, die nicht auf große Effekte schielt, sondern mit getragenen Tempi die individuellen Schicksale der Figuren ins Zentrum rückt und so mit der Regie an einem Strang zieht.

Sendung: "Allegro" am 30. Juli 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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