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Geiger Daniel Hope Auf der radikalen Seite des Barock

Daniel Hope liebt die Barockmusik. Weil sie so emotional ist und mit ihrem Rhythmusgefühl sogar ein bisschen revolutionär. Zur Zeit ihrer Entstehung konnte man mit ihr das Publikum zum Kochen bringen. Und das will Daniel Hope heute noch.

Der Geiger Daniel Hope | Bildquelle: © Inge Prader

Bildquelle: © Inge Prader

BR-KLASSIK: Herr Hope, im Barock war ja der Tanz ganz groß in Mode. Wäre das auch was für Sie: ein bisschen höfische Rituale tanzen in opulenten Kostümen?

Daniel Hope: Eher nicht im Kostüm. Aber Tanz an sich fasziniert mich schon seit langem. Und gerade in der Barockzeit gab es eine unwahrscheinliche Bewegung und nicht nur in der Musik, sondern gesellschaftlich, politisch. Und Musik hat an eine große Rolle gespielt. Unser Abend ist hochvirtuos und zeigt sehr, sehr viele Aspekte der Tanzmusik, aber auch Liebeslieder, Trinklieder und führt ein bisschen hinter die Kulissen der Barockzeit.

Barockmusik konnte Publikum zum Kochen bringen

BR-KLASSIK: Das bringt mich schon auf die nächste Frage, weil Sie sich ja schon vor Jahren mit einer CD (Air, a barock journey) bei der Deutschen Grammophon auf eine Reise begeben haben in die Barockzeit. Was haben Sie da gezielt gesucht und vor allem dann im Anschluss gefunden?

Daniel Hope: Also das Wort Barock kommt eigentlich von dem portugiesischen "barocco" und das heißt: eine schiefrunde Perle. Und wenn man die Bilder von den großen Meistern aus der Barockzeit betrachtet, dann sieht man dieses Perfekte und alles ist erhaben und edel. Aber die Barockmusik an sich ist was ganz Anderes. Sie ist eher nicht perfekt, eher ein bisschen revolutionär gewesen, teilweise sehr gefährlich. Die Musik wurde auch reihenweise von der katholischen Kirche verboten, weil sie solche Emotionen hervorgerufen hat, und die Menschen Angst davor hatten, dass sie solch einen Einfluss haben konnte.

Diese Art des Spielens ist zentral an diesem Abend für unsere Performance. Wir gehen zur radikaleren Seite des Barock. Es gibt nicht nur Musik von bekannten Komponisten wie Vivaldi und Händel und Bach, sondern auch Italiener aus der Spätrenaissance und vom Anfang des Barock, die tatsächlich ein völlig neues Rhythmusgefühl hatten und die ihr Publikum zum Kochen gebracht haben. Und das versuchen wir, ein bisschen nachzustellen.

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La Follia – Part of "AIR – a baroque journey" | Bildquelle: Daniel Hope (via YouTube)

La Follia – Part of "AIR – a baroque journey"

BR-KLASSIK: So eine Reise hält immer auch Überraschungen bereit. Was war für Sie die größte Überraschung im Barock?

Daniel Hope: Ich hatte das große Glück, mit fantastischen Musikerinnen und Musikern zusammenzukommen. Sie haben mir Ohren und Augen weit aufgemacht. Die Besetzung hat sich über knapp 20 Jahren geändert. Und wir sind jetzt für mich beim absoluten Spitzenensemble. Das heißt: Die Herrschaften, mit denen ich die Bühne teilen darf, gehören zu den Besten ihres Fachs, hochvirtuose, ziemlich gefährliche Typen. Und die improvisieren sehr, sehr viel. Es ist viel Spontanes dabei. Es ist auch in der Barockzeit so, dass man das wenigste aufgeschrieben hat. Sehr viel ist im Moment entstanden, wie im Jazzkonzert eigentlich. Und dieses Gefühl haben wir und wir versuchen, das hinüberzutragen. Und dann noch an so einem fantastischen Ort wie dem Brunnenhof. Ich werde dort zum ersten Mal spielen. Ich habe aber schon Konzerte da erlebt. Hoffentlich spielt das Wetter mit und hoffentlich haben die Leute Zeit und Lust mit uns zu feiern.

Daniel Hope im Brunnenhof der Münchner Residenz

Mehr zum Konzert mit Daniel Hope und seinem Ensemble Air am 29. Juni in München finden Sie hier.

Spielen bis der Letzte geht

BR-KLASSIK: Wieviel Zeit bringen Sie denn mit, Herr Hope? Sie sind ja sehr umtriebig, sehr viel unterwegs. Können Sie abseits des Konzerts München ein bisschen genießen?

Daniel Hope: Dazu gibt es viel zu wenig Zeit, leider. Wir haben in Zürich parallel fast jeden Tag bis Ende August Proben. Wir kommen kurz vorher an, werden aber diesen Abend in vollen Zügen genießen. Wir werden spielen, bis der letzte Mensch uns nicht mehr hören möchten.

BR-KLASSIK: Das kann lange dauern.

Daniel Hope: Das soll auch lange dauern.

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Samstag, 01.Juli, 04:43 Uhr

Trappe

Ein alter Witz geht so. Die Mutter die Kinder fordert die Kinder auf, Ihre Steich-Instrumente zu üben: „Kinder übt‘s schön, sonst müsst‘s später Barock spielen!“
Dies enthält einen wahren Kern, weil einfach die Art des Spielens nicht mehr jene Qualitäten erfordert, welche zB Oistrach oder Szeryng bei Bach erbringen konnten. „Man macht dies heute nicht mehr so“ - Fakt ist, fast alle können es nicht mehr so! Die Qualität ist nicht mehr vorhanden. Hope passt auch gut zum heutigen Barockspiel.

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