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Komponistin Laura Karpman Die Frau hinter den Marvel-Soundtracks

Gerade läuft wieder ein Film aus dem Marvel-Universum in den Kinos: "Captain America: Brave New World". Der opulente Soundtrack stammt von Laura Karpman. Ein Gespräch in ihrem Musikstudio in Los Angeles.

Laura Karpman | Bildquelle: picture alliance/Chris Pizzello/Invision/AP

Bildquelle: picture alliance/Chris Pizzello/Invision/AP

Es ist zehn Uhr vormittags, als wir uns zum Interview treffen – virtuell. Laura Karpman empfängt mich per Videochat in ihrem Zuhause in Playa del Rey, einem Stadtteil von Los Angeles gleich am Pazifik. Nur ein paar Kilometer weiter wüteten vor kurzem noch die Brände. "Viele Familien an der Schule meines Sohnes haben alles verloren", erzählt Laura Karpman gleich zu Beginn unseres Gesprächs. "Wir versuchen zu helfen, wo wir können." Die 65-Jährige blickt ernst in die Kamera. "Aber meiner Familie geht es gut, Gott sei Dank."

Laura Karpman ist ein Marvel-Fan

Laura Karpman bei der Premiere des Marvel-Films "Captain America: Brave New World" in Hollywood, 11. Februar 2025 | Bildquelle: picture alliance / Sipa USA Laura Karpman bei der Premiere des Marvel-Films "Captain America: Brave New World" in Hollywood am 11. Februar 2025 | Bildquelle: picture alliance / Sipa USA Im Hintergrund flackert ein Kaminfeuer, irgendwo bellt ein Hund. Ein Schlagzeug spiegelt sich in der bodentiefen Fensterfront. Karpmans Wohnhaus ist gleichzeitig ihr Musikstudio. Vom Konzertflügel bis zum Synthesizer hat sie hier alles stehen, was sie braucht, um an aufwändigen Scores für Hollywood zu tüfteln. So entstand auch der Soundtrack zum Marvel-Film "Captain America: Brave New World", der gerade in den Kinos läuft. "Ich war schon immer ein Marvel-Fan. Und ich liebe den Film!", sagt sie enthusiastisch. "Weil es wirklich ein politischer Thriller ist. Es sind eng verwobenen Dramen, in denen Nationen sich wie Schachfiguren auf einem Brett bewegen." Laura Karpman schreibt seit 2021 Musik für die Marvel-Studios. Eine Arbeit, die sie begeistert, weil sie so vielseitig ist. "Als Komponistin habe ich wirklich die Chance, mich musikalisch im Kinouniversum von Marvel auszutoben: Es geht um Liebe, Angst, Mut, Spannung, sogar Horror."

Ich liebe es, Schurkenmusik zu komponieren.
Laura Karpman

Vier Hauptthemen für "Captain America: Brave New World"

Nach "The Marvels" (2023) ist "Captain America: Brave New World" Laura Karpmans zweiter großer Score für einen Marvel-Kinofilm. Dafür hat sie sich vier musikalische Hauptthemen einfallen lassen: "Es gibt das Verschwörungsthema, das den Film eröffnet. Dann haben wir das Heldenthema für Sam, Joaquin und Isaiah. Das Thema für Präsident Ross ist am Anfang kalt und eisig und verwandelt sich später, während auch er sich verwandelt. Und dann gibt es die Musik für den fiesen Samuel Sterns." Solche "Schurkenmusik" zu komponieren, mache Karpman immer besonders viel Spaß, meint sie lachend.

Mix aus Orchester und Synthesizer

Für den perfekten Sound hat die Komponistin orchestrale Musik und synthetische Musik kombiniert. "Die Synthesizer suggerieren teilweise das Orchester, und das Orchester spielt manchmal so, dass es wie Synthesizer klingt." Außerdem hat Karpman ein ganz besonderes Geräusch in ihren Soundtrack eingebaut. "Für Samuel Sterns' Musik habe ich das analoge Radio meiner Mutter aus den 1970ern verwendet. Diesen rauschenden alten Radio-Klang."

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Samuel Sterns

Ich habe Skizzenbücher voller Themen.
Laura Karpman

Wie Laura Karpman auf neue musikalische Ideen kommt, ist ganz unterschiedlich. Manchmal beginnt sie direkt am Synthesizer, oft aber entwirft sie die Melodien zuerst am Klavier. "Ich habe Skizzenbücher voller Themen, mit wirklich unordentlicher Handschrift", erzählt die Komponistin. "Manchmal gehe ich auch joggen und komme so auf eine Idee. Es hängt vom Projekt und vom Stil der Musik ab."

Laura Karpman: Zwei Brillen als Statement

Laura Karpman | Bildquelle: picture alliance / Captital Pictures | Faye Sadou/MPI Filmkomponistin Laura Karpman trägt gern auffällige Brillenmodelle - und oft zwei Brillen parallel. | Bildquelle: picture alliance / Captital Pictures | Faye Sadou/MPI Während sie spricht, schiebt Karpman ihre übergroße Brille zurecht. Ein extravagantes, mehrfarbiges Modell. Eine zweite Brille trägt sie wie einen Haarreifen. Das sei bequem, denn so habe sie immer Sonnen- und Lesebrille dabei. "Und es macht Spaß, weil ich jetzt mit verschiedenen Orten spiele, um die Brillen zu platzieren. Ich habe einige, die an Ketten hängen und manchmal stecke ich sie einfach in mein Jackett rein." Karpman mag es, modisch mit mehreren Stilen und Schichten zu experimentieren – und sie trägt gern dick auf. "Ich bin ein Maximalist", sagt sie schmunzelnd. "Genauso ist auch meine Musik. Ich schichte gern viele Klänge übereinander. Mein Aussehen spiegelt also meine musikalische Persönlichkeit."

Ich bin ein Maximalist.
Laura Karpman

Musik für Filme, Theater, Videospiele und die Konzertbühne

Und diese Persönlichkeit ist in der Tat vielseitig. Laura Karpman komponiert nicht nur für Kino- und Fernsehproduktionen, sondern auch für die Konzertbühne, fürs Theater und für Videospiele. Schon mit sieben begann sie, erste Stücke zu schreiben. Jazz- und Operngesang prägten ihre Jugend. Für ihre Ausbildung zog sie von Los Angeles an die Ostküste der USA, studierte Komposition an der renommierten New Yorker Juilliard School und trat abends gern in Jazzclubs auf. "Ich bin an die Ostküste gezogen, weil ich eine Intellektuelle sein wollte. Ich wollte an der Universität unterrichten. Gleichzeitig war ich aber immer fasziniert von Dramen. Ich habe viele Theaterstücke gelesen und ich war ein Filmfan." Einen ihrer ersten Soundtracks schrieb sie für die Serie "The Living Eden" – und wurde gleich neun Mal für den Emmy nominiert. Für ihren jazzig-kreativen Score zu "American Fiction" bekam sie schließlich 2024 eine Oscar-Nominierung.

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Oscar-Verleihung 2025: Alles über die Filmmusik-Oscars

Einsatz für Frauen im Filmmusikbusiness

Laura Karpman bei der Oscarverleihung 2024 | Bildquelle: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP Laura Karpman hat 2014 die "Alliance of Women Film Composers" mitgegründet - für mehr Sichtbarkeit von Frauen im Filmmusikbusiness. | Bildquelle: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP Laura Karpman ist mittlerweile in Hollywood gut im Geschäft – und dazu noch eine gefragte Professorin an der UCLA "School of Theater, Film & Television". Doch sie sieht, dass es Frauen in der Filmmusikindustrie nach wie vor schwer haben. "Vor zehn Jahren haben Frauen nur zwei Prozent der 250 größten Kinofilme vertont. Inzwischen sind wir bei neun Prozent. Aber es ist immer noch ein Bruchteil der Filme." Ein Grund für Karpman, gemeinsam mit anderen Komponistinnen die "Alliance of Women Film Composers" zu gründen. "Wir wollten zeigen, dass es viele Frauen gibt, die Filmmusik schreiben können." Sie engagierte sich lange als Präsidentin und im Vorstand. Mittlerweile sei die Alliance so gut aufstellt, dass sich Karpman aus der aktiven Mitarbeit zurückziehen kann. "Es gibt dort Leute, die wirklich großartige Fürsprecher sind und die Arbeit fortsetzen", ist sie sich sicher.

Wir wollten zeigen, dass es viele Frauen gibt, die Filmmusik schreiben können.
Laura Karpman über die 'Alliance of Women Film Composers'

Laura Karpman hört gern Radio

Der Hund bellt wieder. Unser Zehn-Minuten-Slot, den uns das Filmstudio für das Interview eingeräumt hat, ist fast um. Schnell noch eine letzte Frage: Welche Musik hört Laura Karpman am liebsten, wenn sie mal nicht an einer eigenen Komposition arbeitet? "Ich liebe das Radio", kommt die Antwort prompt. "Meistens klassische Musik und Jazz. Manchmal höre ich auch Flamenco oder was ganz anderes. Ich lasse mich gern überraschen, so bekomme ich immer neue Ideen."

Sendung: "Cinema" am 23. Februar 2025 ab 18:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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