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Musikalischer Jahresrückblick 2019 Das bewegte die Klassikwelt

E-Scooter, Ibiza und immer noch kein Brexit: Das Jahr 2019 liegt allmählich hinter uns und viel ist passiert – oder eben nicht. Viele erinnern sich sicher noch an den Brand von Notre Dame, zumindest die Domorgel überlebte das Feuer unbeschadet. Ein Jubiläum feierte die Wiener Staatsoper mit 150 Jahren Bestehen. Was sonst noch los war und was die Klassikwelt bewegte – das hat die BR-KLASSIK-Redaktion für Sie zusammengefasst.

Dirigentin Joana Mallwitz | Bildquelle: © Nikolaj Lund

Bildquelle: © Nikolaj Lund

Joana Mallwitz wurde Dirigentin des Jahres

Die Kritiker sind begeistert: "Sie dirigiert wie niemand vor ihr", sie feile "besessen am Klang", sie sei eine "musikalische Ausnahmebegabung". Die Rede ist von der Dirigentin Joana Mallwitz. Seit der vergangenen Saison ist sie Generalmusikdirektorin der Staatsphilharmonie Nürnberg, 2019 wurde sie von der Zeitschrift Opernwelt zur Dirigentin des Jahres gekürt. Im Moment wird sie zur Ikone einer neuen Generation von Dirigentinnen. Der Klassikbetrieb bleibt männlich dominiert, doch dieses Jahr lässt hoffen, dass sich daran etwas ändert.

Prominente Jubilare: Clara Schumann, Jonas Kaufmann, Brigitte Fassbaender

Das gilt auch für Komponistinnen: Clara Schumanns Geburtstag jährte sich 2019 zum 200. Mal. Trotz 100-Markschein-Porträt ist sie immer noch unbekannter als ihr Mann Robert – nach 2019 sollte sich das langsam ändern, war sie doch wichtige Klaviervirtuosin und Komponistin. Zumindest in der Operettenwelt ungebrochen berühmt ist Jacques Offenbach: Auch er wurde vor 200 Jahren geboren.

Jonas Kaufmann | Bildquelle: © Gregor Hohenberg - Sony Classical Jonas Kaufmann feierte am 10. Juli 2019 seinen 50. Geburtstag | Bildquelle: © Gregor Hohenberg - Sony Classical Aber auch unter den Lebenden gab es genügend Jubiläen: Tenor Jonas Kaufmann feierte seinen 50. Geburtstag und erhielt von der Bayerischen Staatsoper die Meistersinger-Medaille. Dirigent Christian Thielemann wurde 60 und bekam seinen eigenen Bildband, allerdings musste er auch eine Trennung verkraften: Die Osterfestspiele Salzburg finden künftig ohne ihn statt. Die große Brigitte Fassbaender wurde 80. Seit gut 25 Jahren inszeniert sie lieber statt zu singen. Außerdem wurden zwei Altmeister am Pult 90: Bernhard Haitink, der ebenfalls 2019 seine Karriere beendete, und Christoph von Dohnányi, der weiterhin dirigiert.

Wir nahmen Abschied von Mariss Jansons

Zum Ende des Jahres musste das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks einen schweren Verlust hinnehmen: Der langjährige Dirigent Mariss Jansons starb. Dabei hatte das Jahr für das Orchester als Jubeljahr begonnen: Es wurde, genau wie der Bayerische Rundfunk, 70 Jahre alt. Jansons war es auch, der die Initiative für ein eigenes BR-KLASSIK-Label ergriff: 2019 wurde es 10 Jahre alt. Eine Erfolgsgeschichte – genau wie die Aktion "Best Note", die 2019 zum ersten Mal stattfand: BR-KLASSIK rief seine Hörer auf, sich bei ihren Musiklehrern zu bedanken – und das taten sie auch: Fast 1200 Dankes-Mails gingen ein.

MeToo-Debatte ging in die nächste Runde

Plácido Domingo | Bildquelle: Greg Gorman/LA Opera Dem Sänger Plácido Domingo werfen mehrere Frauen vor, sie sexuell belästigt zu haben. | Bildquelle: Greg Gorman/LA Opera

Auch zwei Jahre nach Beginn der MeToo-Debatte war die sexuelle Belästigung von Frauen im Kulturbetrieb weiterhin eines der wichtigsten Themen. Dem weltberühmten Sänger Plácido Domingo werfen mehrere Sängerinnen vor, sie sexuell belästigt zu haben. Domingo trat als Chef der Oper in Los Angeles zurück, er weist die Vorwürfe aber weiterhin zurück. Inzwischen tritt er wieder auf.

Eine große Debatte gab es auch um den Pianisten und ehemaligen Chef der Münchner Musikhochschule, Siegfried Mauser. Im Oktober bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts München: Mauser hat demnach Frauen sexuell genötigt. Er muss nun ins Gefängnis. Kurz nach dem Urteil erschien eine Festschrift zu Mausers 65. Geburtstag – dafür gab es viel Kritik, weil im Vorwort etwa von Mausers "weltumspannenden Eros" die Rede ist.

Konzertsäle sorgten für Diskussionen

Musik braucht Raum, klassische Musik braucht oft viele Räume – und die sorgen häufig für große Diskussionen. Während das Landestheater in Niederbayern kein Geld zur nötigen Sanierung bekommen konnte, herrscht in München Einigkeit darüber, den Gasteig zu sanieren – nur ob Grund- oder Generalsanierung und wieviel Geld das kosten darf, das ist auch in der Landeshauptstadt nicht entschieden. In Nürnberg fragte man sich, ob der geplante neue Saal nicht zu klein werden könnte, wenn der Kartenansturm zu groß wird. Und auch bei der ständig ausverkauften Elbphilharmonie in Hamburg wird sich mancher Konzertveranstalter mehr Plätze wünschen – in der Diskussion war das Haus aber für seine Akustik, die unter anderem Jonas Kaufmann bemängelte.

Festspielpromis und haarige Kuriositäten

Mozartlocke mit Echtheitsbestätigung, 1844 | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher Diese Haarlocke, die angeblich von Mozart stammen soll, erwarb die Stiftung Mozarteum 2019. | Bildquelle: Wolfgang Lienbacher Natürlich gab es wieder Festspiele in Salzburg und auch in Bayreuth, wo die Politiker und Promis wiederkamen, Anna Netrebko nicht kam, dafür zum ersten Mal Valery Gergiev kam, wobei es mancher Kritiker lieber gesehen hätte, er wäre nicht gekommen. Kirill Petrenko ging derweil zu den Berliner Philharmonikern und feierte am Brandenburger Tor seinen Einstand. In Sachen Kuriositäten versteigerte Sothebys eine Locke Beethovens, die Stiftung Mozarteum erwarb gleich ein Haarbüschel Mozarts.

Was zeichnet 2019 also aus? Haarig war's, politisch – und vielleicht ein bisschen gleichberechtigter.

Sendung: "Allegro" am 18. Dezember 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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