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Salzburg-Regisseurin Mariame Clément "Offenbach ist mir sehr nah"

Mariame Clément gibt mit "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach ihr Regie-Debüt bei den Salzburger Festspielen. Dem Komponisten kann sie viel abgewinnen. Für sie verkörpert er eine gute Mischung aus Humor, Ironie und Tiefe.

Regisseurin Mariame Clément | Bildquelle: © SF/Neumayr/Leo

Bildquelle: © SF/Neumayr/Leo

BR-KLASSIK: Frau Clément, wie nehmen Sie die Arbeitsatmosphäre in Salzburg wahr?

Mariame Clément: Es ist ein sehr besonderer Ort. Das wusste ich sowieso. Aber das zu erleben ist noch mal etwas anderes. Auf der Straße oder im Festspielhaus ständig Künstlerinnen zu treffen, die man kennt, mit denen man gearbeitet hat oder mit denen man arbeiten möchte, die man bewundert – das ist wunderbar. Auch die Teams sind fantastisch und ich muss sagen, ich bin mit einer außergewöhnlich guten Besetzung gesegnet. Ich habe tolle Sänger, die nicht nur fantastische Musiker sind, sondern auch extrem engagiert, die mit meinem Konzept mitgehen, mitmachen, die das unterstützen, die dran glauben. Es macht wirklich Freude.

Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" – worum geht's?

Lesen Sie hier detaillierte Informationen zum populärsten Werk von Jacques Offenbach im Rahmen der Salzburger Festspiele 2024.

BR-KLASSIK: "Les contes d’Hoffmann" hat Jacques Offenbach als Opera fantastique bezeichnet. Ein Künstlerschicksal zwischen Realität, Traum und Albtraum. Wie deuten Sie das?

Kathryn Lewek als Olympia und Benjamin Bernheim als Hoffmann in "Les contes d'Hoffmann" bei den Salzburger Festspielen 2024.  | Bildquelle: © SF/Monika Rittershaus Szene aus "Hoffmanns Erzählungen" bei den Salzburger Festspielen 2024, Regie: Mariame Clément | Bildquelle: © SF/Monika Rittershaus Mariame Clément: Das Besondere an diesem Stück ist, dass die zentrale Figur, der Hoffmann, gleichzeitig der Erzähler und der Protagonist von der Geschichte ist. Das ist ziemlich selten und man hat oft Schwierigkeiten, sich mit dieser Figur zu identifizieren, sie zu verstehen oder sie zu lieben. Auch bei mir hat es länger gedauert, muss ich sagen, aber jetzt liebe ich den Hoffmann sehr, weil ich sein Künstlerdasein und seinen Schaffensprozess besser verstehe. Ich habe versucht, dieses Einweben zwischen Leben und Werk in der Produktion zu beschreiben oder zu vertiefen.

BR-KLASSIK: Es gibt drei Liebesabenteuer Hoffmanns, die eigentlich Projektionen von ihm sind, und er scheitert auch dreimal ...

Mariame Clément: Ja, die Frauenfigur ist bei Hoffmann ein bisschen problematisch. Diese Liebesgeschichten sind, wie Sie sagen, eher Projektionen. Man hat das Gefühl, diese Frauen existieren nicht wirklich. Eine Puppe, eine Künstlerin, die sich nicht ausdrücken darf, andernfalls würde sie sterben. Und eine karikierte böse Kurtisane. Das ist schon schwierig. Ich wollte den Frauen in diesem Stück wieder eine Stimme geben. Sonst sind bei Offenbach die Frauen so stark und frei. Und sie begehren eher, als begehrt zu werden. Das ist sehr außergewöhnlich für das 19. Jahrhundert. Doch man hat das Gefühl, bei diesem ernsthaften Stück hat Offenbach sich dann doch entschieden, wie sonst im 19. Jahrhundert, die Frauen zu unterdrücken. Aber: Das bekannteste Stück der Oper ist die "Barcarole", und die wird von zwei Frauenstimmen gesungen, was ich sehr ironisch und witzig finde.

Ich finde, wenn man die Musik richtig spielt, ist sie extrem elegant und macht Freude.
Regisseurin Mariame Clément über 'Hoffmanns Erzählungen'

BR-KLASSIK: Wenn man Ihre Biografie anschaut, merkt man, dass Sie viel Erfahrung mit Offenbach haben. Sie haben zum Beispiel die Operette "Barkouf" von Offenbach wiederentdeckt. Sie haben Regie geführt bei einem Film über Offenbachs Lebensodyssee. Vermutlich wusste der Salzburger Intendant Markus Hinterhäuser, Der Intendant der Salzburger Festspiele schon, warum er Sie jetzt für diesen Hoffmann engagiert hat ...

Les Contes d’Hoffmann 2024: Kate Lindsey (Nicklausse), Benjamin Bernheim (Hoffmann), Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor | Bildquelle: © SF/Monika Ritterhaus Szene aus "Les contes d'Hoffmann" bei den Salzburger Festspielen 2024 mit Kate Lindsey (Nicklausse) und Benjamin Bernheim (Hoffmann) | Bildquelle: © SF/Monika Ritterhaus Mariame Clément: Ja, Offenbach ist mir irgendwie sehr nah. Die Tatsache, dass ein deutscher Jude als Inbegriff für französischen Esprit und französische Musik steht – das finde ich schon extrem sympathisch. Ich finde es wichtig, sich daran zu erinnern: Das französische Symbol schlechthin ist gar kein Franzose. Auch diese Mischung aus Humor, Ironie und doch Tiefe ist etwas, das mir sehr naheliegt. Diese Art, sich nicht ernst zu nehmen, aber trotzdem mit den Figuren ernst umzugehen, auch sein Verhältnis zu Frauenfiguren ... Offenbach ist mir da äußerst sympathisch, muss ich sagen. Und auch seine Musik mag ich sehr. Ich finde nicht, dass die Musik leicht oder oberflächlich ist. Ich finde, wenn man sie richtig spielt, ist sie einfach extrem elegant und macht Freude.

Sendung: "Allegro" am 13. August 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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