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Schönbergs Kammersymphonie op. 9 Die Fanfare der Moderne

Wien, 8. Februar 1907. Arnold Schönbergs Erste Kammersymphonie op. 9 wird uraufgeführt. Das Stück ist zwar noch tonal, aber öffnet mit einem berühmten Motiv aus aufsteigenden Quarten die Tür zur Zukunft.

Gemälde von Arnold Schönberg | Bildquelle: Wikimedia Commons

Bildquelle: Wikimedia Commons

Schon der Anfang des Werks ist ungewöhnlich, denn er klingt wie ein Schluss: eine Kadenz, am Schluss lösen sich die Dissonanzen auf, die Tonika ist wieder da, alles in Ordnung. Hätte das Ganze nicht doch irgendeine Spannung in sich, irgend etwas, das weiterwill… nämlich eine Tonleiter aus übereinandergeschichteten Quarten.

Die Tonalität ist kurz vor dem Explodieren

Diese Quarten-Tonleiter hat man später die "Fanfare der Neuen Musik" genannt. Sie markiert einen Wendepunkt. Barockmusik: ein alter Hut, Klassik: längst vergangen, Romantik: perdu. Nur noch die Spätest-Romantik windet sich mit einer aufgeblähten Tonalität durch die Tonräume. Aber sie ist kurz vor dem Explodieren, die Leittöne haben keine Kraft mehr, die tonalen Zentren lösen sich auf…

Kammersymphonie op. 9: Nicht unbedingt ein Erfolg 

Arnold Schönberg sieht diesen Wendepunkt genau und ist begeistert von seinem Stück. Er erwartet einen großen Erfolg – der sich allerdings nicht einstellt. Die Überfülle an Material, die superkomplexe Harmonik sorgen nicht gerade dafür, dass das Publikum die Kammersymphonie sofort ins Herz schließt. Er ist enttäuscht und versucht das mit Probenarbeit zu kompensieren. "Mehr als die Hälfte zu rasch! Viel zu rasch!!", schimpft er. "Leidenschaft, das können alle! Aber Innigkeit, die keusche, höhere Form der Gefühle, scheint den meisten Menschen versagt zu sein."

Schönberg – ein besserer Tschaikowsky?

Noch Jahre später, als die Kammersymphonie längst im Konzertleben angekommen ist, schreibt er: "Das Verständnis für meine Musik leidet noch immer darunter, dass mich die Leute nicht als einen normalen Komponisten ansehen, sondern als einen dissonanten Experimentierer. Ich wünsche nichts sehnlicher, als dass man mich für eine bessere Art von Tschaikowsky hält. Höchstens noch, dass man meine Melodien kennt und nachpfeift."

Naja. Dabei ginge das in seinem Opus 9 noch ganz gut. Nachdem er die Zwölftontechnik entwickelt hat, wird das mit dem Nachpfeifen viel schwieriger…

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Schönberg: Chamber Symphony No. 1 / Matthias Pintscher •Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker | Bildquelle: Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker (via YouTube)

Schönberg: Chamber Symphony No. 1 / Matthias Pintscher •Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker

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Sendung: "Allegro" am 8. Februar 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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