Prag, 4. April 1875. Bedřich Smetanas "Moldau" wird zum ersten Mal gespielt. Es ist die Geburtsstunde eines der populärsten Orchesterwerke überhaupt. Aber Smetana kann keine Note davon hören – er ist komplett ertaubt.
Bildquelle: ARTE/BR/DOKFABRIK.
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Lange Zeit hatten alle Zeichen darauf hingedeutet, dass Bedřich Smetana eine feste Größe im tschechischen Kulturleben werden sollte. Aber im Jahr 1874 wendet sich das Blatt. Smetana hat Ohrenprobleme und hört immer schlechter. Es wird so schlimm, dass er seinen Posten als Kapellmeister am Prager Theater und andere Aktivitäten im öffentlichen Leben aufgeben muss.
Ein Freund berichtet: "Smetana hofft immer noch zu genesen, aber wohl leider vergeblich." Gerade hat Smetana drei große Orchesterstücke zur tschechischen Geschichte geschrieben: "Die Moldau", "Vyšehrad" (über die alte Königsburg), und "Šárka" – über die Sage der gleichnamigen Amazonenkriegerin. Obwohl er nicht Klavier spielen darf, beschäftigt er sich ständig mit der Komposition. Und versichert, sich beim Komponieren jedes einzelne Musikinstrument mit der ganzen Dynamik seiner Töne im Geiste klar und deutlich vorstellen zu können.
19 Tage braucht Smetana, um die "Moldau" fertig zu stellen. Am 4. April 1875 wird sie auf der Sophieninsel in Prag uraufgeführt. Leoš Janáček ist an diesem denkwürdigen Tag mit dabei: "Man hatte gerade seine Komposition beendet, und ein ohrenbetäubendes Getöse gipfelte im Namen 'Smetana'. Plötzlich verdichtet sich um mich herum die Menge, dass es ganz finster wurde und drängt nach vorne. Sie geleitet den kranken Meister die Stufen empor." Diese unbändige Freude, diesen großartigen Triumph kann Smetana nur an den Gesichtern und an der Klatschbewegung der Hände wahrnehmen. Denn seit einem halben Jahr ist er auf beiden Ohren – taub! "Die Moldau" wird jedoch als eines der populärsten Orchesterwerke – nicht nur des 19. Jahrhunderts – in die Musikgeschichte eingehen.
Im Video: Semyon Bychkov und das WDR-Sinfonieorchester spielen Smetanas "Moldau"
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Sendung: "Allegro" am 04. April 2025 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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