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Der Henle-Verlag wird gegründet Urtext statt Editions-Gestrüpp

München, 20. Oktober 1948: Der Diplomat und Großindustrielle Günter Henle gründet einen Verlag zur Herausgabe musikalischer Urtexte. Urtext heißt: Original sollten die Noten sein – ohne nachträgliche Korrekturen.

Günter Henle mit Konrad Adenauer | Bildquelle: Henle Verlag

Bildquelle: Henle Verlag

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Ursprünglich wurde der Verlag auch Klöckner-Musikfabrik genannt. Henle hatte nämlich in die großindustrielle Eisen- und Stahl-Familie Klöckner eingeheiratet, wurde nach dem Krieg von den Alliierten erst gefangen genommen, dann entnazifiziert, ging zurück in die Firma (und zwar an die Konzernspitze) und wurde CDU-Mitglied des ersten Bundestages nach dem Krieg. Das war sein zweites Leben. Das erste Leben war ein Klavier-, Geigen- und Jurastudium mit anschließender Diplomatenarbeit in Holland, London und Argentinien.

Das Ziel – getreue Überlieferung des musikalischen Erbes

Ja und dann: das dritte Leben. Da Henle auf seinen Reisen Musiker wie Pablo Casals, Yehudi Menuhin oder David Oistrach kennengelernt hatte (die gaben sogar Privatkonzerte für ihn daheim in seiner Villa), hatte er eine Idee: einen Verlag zu gründen. Er scharte Musikwissenschaftler, Musikbibliotheken und private Sammler um sich, um möglichst "originale" Urtextausgaben machen zu können, eine "wirklich getreue Überlieferung unseres musikalischen Erbes", wie er sagte, "ohne Gestrüpp editorischer Zutaten". Endlich Notenausgaben der großen Klassiker, die den richtigen, also authentischen Text bieten. Eben "Urtext". Mit Schuberts Impromptus und Mozarts Klaviersonaten ging es los, nach und nach wuchs der Katalog auf über 1.000 Titel an, die blauen Partituren verbreiteten sich über die ganze Welt und veränderten die musikverlegerische Landschaft nachhaltig.

Der Münchner Rindermarktbrunnen wurde von Henle gestiftet

Günter Henles enzyklopädischer Eifer kannte kaum Grenzen. Neben dem Verlag gründete er ein Joseph-Haydn-Institut, übernahm die Beethoven-Gesamtausgabe, brachte musikwissenschaftliche Fachliteratur heraus, Kongressberichte, die Kataloge Bayerischer Musiksammlungen und vieles andere mehr. Mit 80 Jahren starb Günter Henle hochdekoriert. Und übrigens stiftete er auch noch der Stadt München den Rindermarktbrunnen beim Viktualienmarkt.

Was heute geschah

Unsere Reihe "Was heute geschah" zu bemerkenswerten Ereignissen der Musikgeschichte können Sie auch um 7:40 Uhr, um 12:30 Uhr und um 16:40 Uhr auf BR-KLASSIK im Radio hören. Weitere Folgen zum Nachhören finden Sie hier.

Sendung: "Allegro" am 20. Oktober 2023 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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