Immenstadt, 24. Januar 1944. Klaus Nomi wird geboren. Er liebt die Stimme der Callas, krebst in Berlin als Countertenor "Renata Castrata" in Clubs herum. An der Deutschen Oper arbeitet er als Platzanweiser und gibt für das Team Kostproben seines Gesangs vor dem Eisernen Vorhang. Aber studieren kann er das Fach "Countertenor" nicht. Frustriert geht Klaus Sperber 1972 nach New York. Als "Klaus Nomi" wird er von David Bowie entdeckt. Welchen Trend Klaus Nomi mit seiner hohen Stimme losgetreten hat, erlebt er nicht mehr. Er stirbt als einer der ersten Prominenten der New Yorker Gay-Szene an AIDS.
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"Die Sperber Betty hat um 20 Uhr und 40 Minuten in Immenstadt einen Knaben geboren. Außerehelich. Das Kind hat die Vornamen Klaus Jürgen erhalten." Viel ist nicht zu finden im Stadtarchiv von Immenstadt über den Klaus, meint der Beamte Siegbert Eckel. Dass Klaus Künstler wird und unter dem Namen Klaus Nomi mal hoch hinauf kommen würde mit seiner Stimme, das konnte ja keiner ahnen. Nicht in Immenstadt. Nirgendwo.
Klaus wächst bei der Mutter auf, die kleine Familie zieht nach Essen. Er wird behütet, geliebt und ist von viel Musik umgeben. Hauptsächlich klassischer Musik. "Ich hab' immer Radio gehört als ich klein war und war immer sehr interessiert an Sängern, das war das wichtigste für mich", erinnert er sich. "Und als ich das erste Mal eine Opernsängerin gehört habe, hab' ich gedacht, Mein Gott, so möchtest du auch mal singen." Singen wie Maria Callas möchte Klaus am liebsten! Sechs Oktaven umfasst die Stimme von Klaus und er geht nach Berlin. Dort studiert er Bariton, weil es das Fach Countertenor nicht gibt. Seine Professoren sind überhaupt nicht begeistert von seinen stimmlichen Höhenflügen. Er tritt trotzdem als "Renata Castrata" unter anderem in der Berliner Schwulendisco "Kleist Casino" auf.
Außerdem jobbt er als Platzanweiser in der Deutschen Oper Berlin, himmelt die Stars auf der Bühne an, singt nach der Vorstellung auf der Bühne vor dem Eisernen Vorhang, für sich, für die letzten, die noch das Haus aufräumen. Außer Klassik hat er noch eine zweite musikalische Leidenschaft: "Ich hatte immer den Zwiespalt zwischen Oper und Pop. Ich hab' Geld gestohlen von meiner Mama und Platten von Elvis Presley gekauft." Diese zwei Stile, Oper und Rock, irgendwie zu mischen – das wäre sein Traum.
Also zieht der gebürtige Allgäuer nach New York. Und dort zieht er sich schrill an, damit er in der exzentrischen New Wave-Bewegung überhaupt wahrgenommen wird! Zuerst aber muss er den lästigen Vogelnamen loswerden. Sperber. Nomi heißt er fortan. Ein Anagramm des lateinischen OMNI steckt in Nomi, also "jeder, alle". In einem Song spielt er später mit NOMI und macht daraus "Know me".
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Klaus Nomi - The Cold Song Live [HD Remastered]
Klaus Nomi tritt in verruchten Bars auf, tanzt in Schaufensterauslagen, singt Opernarien. 1977 nimmt er in New York an einem Wagner-Projekt Teil und übernimmt in einer satirischen Produktion von "Das Rheingold" eine der Rheintöchter und einen Waldvogel. Für eine Karriere bei den "Bayreuther Festspielen" hätte das damals noch nicht gereicht, aber Klaus Nomis Fankreis in New York wächst. Außerdem jobbt Nomi als Konditor, backt Limonen-Tarte und singt dazu öffentlich. Seine Outfits sind sogar für New Yorker Verhältnisse extrem cool: Als wäre er dem Atelier von Oskar Schlemmer entwischt, als hätte er die Requisitenabteilung einer Science-Fiction-Produktion geplündert.
Als David Bowie den zwitschernden Vogel entdeckt, wird Klaus Nomi erst bei ihm Backgroundsänger und bekommt kurz darauf einen Plattenvertrag. Zwei Alben erscheinen noch zu Lebzeiten ("Klaus Nomi", "Simple Man"). Genießen kann Klaus Nomi seinen Erfolg nicht mehr. Auch nicht, wie inspirierend er ist für das Revival der Countertenöre. Mit nur 39 Jahren stirbt Klaus Nomi 1983 an AIDS.
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Klaus Nomi interview + Total Eclipse on German TV
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Sendung: "Allegro" am 24. Januar 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (2)
Freitag, 26.Januar, 18:51 Uhr
Kristina
Nomi
Ein fast vergessenes Genie.
Für uns lebt er weiter!
Freitag, 26.Januar, 18:47 Uhr
Christine
Klaus Nomi
Ein leider zu früh verstorbenen Talent!!!!
Geniale Stimme