Wien, 08. Oktober 1791: Vor gut einer Woche war Premiere der "Zauberflöte" – mit Wolfgang Amadeus Mozart höchstpersönlich am Pult. Nun hat er frei. Doch während der Vorstellung überkommt es ihn. Er geht hinter die Bühne und spielt das Glockenspiel des Papageno – allerdings nicht wie gewohnt.
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"Liebstes, bestes Weibchen!" Wolfgang Amadeus Mozart schreibt einen Brief. Es ist nachts um halb elf, grad eben hat er einen Hasenbraten gegessen, der war ihm zu klein, und während der Kammerdiener unterwegs ist, Nachschub zu holen, schreibt Mozart an Constanze, was er an dem Tag erlebt hat: "Die Opera ist, obwohl Samstags wegen Posttag ein schlechter Tag ist, mit ganz vollem Theater und dem üblichen Beifall aufgeführt worden."
Die "Opera" – ist die "Zauberflöte". Premiere: eine gute Woche vorher, mit Mozart selbst am Pult, sein Freund Schikaneder, Librettist und Impresario, hat die Sache mit viel Aufwand in Szene gesetzt: feuerspeiende Berge, brausende Wasserfälle, eine fast echte Riesenschlange und ein fliegender Fesselballon. Und: Schikaneder, dieser Tausendsassa, steht sogar selbst auf der Bühne. Er singt den Papageno. Am heutigen Tag hat Mozart frei gehabt, er war dennoch in der Vorstellung, hat Freunde besucht, in dieser Loge und in jener, und dann kommt ihm mit einem Mal ein vergnüglicher Gedanke: "Ich ging auf das Theater ..." – hinter die Bühne – "... bei der Aria des Papageno mit dem Glockenspiel. Weil ich heute so einen Trieb fühlte, es selbst zu spielen."
Papageno hält bei seinem Auftritt zwar das Glockenspiel im Arm, das aber ist nur ein Requisit, tatsächlich gespielt wird das Instrument von einem eigenen Musiker in den Kulissen. Mit Blickkontakt. Der Mann muss für seine Einsätze sehen können, wann Schikaneder auf der Bühne so tut als ob. "Da machte ich nun den Spaß, wo Schikaneder einmal eine kleine Haltung hat: so machte ich ein Arpeggio. Er erschrak, schaute in die Szene und sah mich. Als es aber das zweite Mal kam, machte ich es nicht. Nun hielt er ein und wollte gar nicht mehr weiter. Ich aber erriet seine Gedanken und machte wieder einen Akkord. Dann schlug er mit der Hand aufs Glockenspiel und sagte laut: "Halt's Maul!"
Und so berichtet Mozart spät nachts vergnügt und stolz Constanze in einem Brief von seinem gelungenen Scherz. Er schreibt, das Publikum habe sehr gelacht, und er glaube, durch diesen Spaß hätten viele Leute erst erfahren, dass Schikaneder auf der Bühne das Instrument gar nicht selbst spielt.
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Papageno and the Magic Glockenspiel #1 (excerpt from The Magic Flute, 1971)
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Sendung: "Allegro" am 08. Oktober 2024 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK