Übernehmen der Bund und der Freistaat Bayern mehr Verantwortung bei den Bayreuther Festspielen? Und wie steht es um den Verbleib von Katharina Wagner als Chefin? Das Jahr 2024 wird entscheidend für die Zukunft auf dem Grünen Hügel.
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In zwei Jahren wird das 150-jährige Jubiläum der Bayreuther Festspiele gefeiert. Doch auch wenn die Planungen dafür bereits auf Hochtouren laufen, ist derzeit niemandem so richtig nach Feiern zumute. Denn über dem Grünen Hügel hängen dunkle Wolken und vermiesen die Party: Drängende Fragen, die über die Zukunft der Wagner-Festspiele entscheiden, müssen beantwortet werden. Weil der Vertrag von Chefin Katharina Wagner 2025 ausläuft, muss vielleicht eine neue Leitung her. Außerdem ist noch unklar, ob der Freistaat Bayern und der Bund künftig mehr finanzielle Mittel bereitstellen. Falls nicht, drohen womöglich weitere und weitreichendere Sparmaßnahmen.
Bereits im vergangenen Jahr wurde eine Verkleinerung des Chors beschlossen. Hintergrund: Der Förderverein der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth kann als vierter Festspiel-Gesellschafter wegen rückläufiger Spendeneinnahmen nicht mehr so viel zahlen wie bislang. Von bis zu einer Million Euro weniger ist die Rede, wie vor knapp einem Jahr bekannt wurde. Die Festspiele werden bisher zu je 29 Prozent von Bund, Land und der privaten Gesellschaft der Freunde von Bayreuth getragen. Dreizehn Prozent hält außerdem die Stadt Bayreuth.
Mit dieser Strukturreform kann und muss sich Bayreuth erneuern.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei den Bayreuther Festspielen 2022 | Bildquelle: picture alliance/dpa | Daniel Löb Ginge es nach Kulturstaatsministerin Claudia Roth, soll der Bund größeren Einfluss bei den Bayreuther Festspielen bekommen. "Es ist klar, in dem Maße, in dem die Freunde Bayreuths bestimmte Leistungen nicht mehr leisten können, können wir mehr Mitverantwortung übernehmen, zusammen mit Bayern", so Roth. Sie setzt sich für umfassende Reformen ein und hat dabei vor allem die Struktur des Festivals im Blick. Schon vor zwei Jahren hatte die Kulturstaatsministerin "sehr viel Reformbedarf" bei den Festspielen angemahnt. Ob Katharina Wagner weitermachen soll, dazu äußerte sich Claudia Roth damals nicht, verwies aber darauf, es gebe keine "rituelle Pflicht", immer ein Wagner-Familienmitglied mit der Festspielleitung zu betrauen. Wenn Katharina Wagners Vertrag als Festspielchefin verlängert würde, dann bräuchte sie nach Aussage von Claudia Roth "in einer neuen Struktur auch mehr Unterstützung".
Bei den Reformen soll es nach Ansicht von Kulturstaatsministerin Claudia Roth aber nicht ausschließlich um finanzielle Fragen gehen, sondern auch darum, wie sich die Bayreuther Festspiele künftig positionieren. Die Politikerin wünscht sich neben mehr Diversität, auch die Öffnung der Opernfestspiele für ein breiteres Publikum: "Bei den Besucherinnen und Besuchern von Bayreuth sollte sich die Realität unserer Gesellschaft stärker widerspiegeln". Da gebe es Nachholbedarf, so Roth.
Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) | Bildquelle: Frank Hoemann/Picture Alliance Was die Finanzierung der Wagner-Festspiele angeht, bezieht der Freistaat Bayern eine ähnliche Position wie der Bund: "Wir wollen uns in Zukunft finanziell noch stärker einbringen und unsere Anteile erhöhen", sagt der Bayerische Kunstminister Markus Blume (CSU). Derzeit befinden sich Bund und Freistaat dazu in Verhandlungen. Im vergangenen Jahr wurde viel über schwindendes Publikumsinteresse bei den Bayreuther Festspielen diskutiert, da besonders beim Ring-Zyklus die Auslastung unter den Erwartungen blieb. Weil sich das Publikumsverhalten geändert habe, müssten die Festspiele sich durchgreifend modernisieren, hatte Markus Blume deshalb zu bedenken gegeben: "Jede Institution, und sei sie noch so erfolgreich, muss sich prüfen: Bin ich wirklich noch am Puls der Zeit, mache ich wirklich genug, um auch die nächste Generation noch so zu begeistern?"
Bayerns Kunstminister Blume erwartet von Katharina Wagner ein überzeugendes Konzept für die Zukunft: "Ich erwarte Exzellenz, ein mutiges Konzept und eine klare Vision für den Grünen Hügel. Denn die hohen Erwartungen an die Bayreuther Festspiele müssen immer wieder neu künstlerisch eingelöst werden". Das Konzept sollte aufzeigen, wie Bayreuth weiterhin weltweit Maßstäbe in der zeitgemäßen Auseinandersetzung mit dem Werk Richard Wagners setzen kann. Dabei müsse es auch darum gehen, das internationale Renommee weiter auszubauen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bei der Festspieleröffnung 2023 gesagt, er könne sich "Wagner ohne Wagner" eigentlich gar nicht vorstellen.
Wir wollen uns in Zukunft finanziell noch stärker einbringen.
Katharina Wagners Vertrag als Chefin der Bayreuther Festspiele läuft noch bis 2025. | Bildquelle: picture-alliance/dpa Festspielchefin Katharina Wagner hat nach einer professionellen Sponsoring- und Marketing-Abteilung für die Festspiele verlangt. Denn bislang sind es vor allem die Freunde von Bayreuth, die sich um Spenden kümmern. Das könne Vorteile bringen, sagt Thomas Ebersberger (CSU), der Oberbürgermeister von Bayreuth. Er zeigt sich optimistisch angesichts der Veränderungen: "Wenn die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth ihre Gelder, die sie einnimmt, nicht mehr zwingend für den normalen Betrieb zur Verfügung stellen muss, kann man damit natürlich auch Sonderprojekte und andere Maßnahmen fördern, so dass es möglicherweise für die Festspiele sogar noch eine Chance bedeutet, wenn die Gesellschaft der Freunde das Geld flexibler einsetzen kann."
Neben den wichtigen Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern der Festspiele, soll in diesem Jahr auch die Sanierung des Festspielhauses vorangetrieben werden. Das berühmte Opernhaus, das einzig dafür geschaffen wurde, um Richard Wagners Werke aufzuführen, wird seit vielen Jahren renoviert. Ein erster Abschnitt mit einem Volumen von 30 Millionen Euro ist nach Angaben des Kunstministeriums weitgehend abgeschlossen. 2024 seien noch Restarbeiten geplant, wie etwa die Fertigstellung eines Aufzugs. Für die weiteren anstehenden Baumaßnahmen sei aber zunächst die neue Finanzierungsvereinbarung zwischen Land und Bund nötig.
Der Artikel wurde mit Material der dpa erstellt.
Kommentare (5)
Donnerstag, 18.Januar, 11:27 Uhr
Tim Struppi
Barrierefreiheit bzw. Riesige Elefanten im Raum
"Die Politikerin wünscht sich neben mehr Diversität, auch die Öffnung der Opernfestspiele für ein breiteres Publikum: `Bei den Besucherinnen und Besuchern von Bayreuth sollte sich die Realität unserer Gesellschaft stärker widerspiegeln´"
Hat eigentlich jemand aus der Intendanten-/Dramaturgen-/Journalistenblase, hat Frau Roth jemals erwogen, dass neue Publikumsschichten möglicherweise eher mit "werktreuen" Inszenierungen zu gewinnen wären? Wäre das nicht vielleicht zielführender im Sinne der Barrierefreiheit?
Dienstag, 09.Januar, 11:46 Uhr
Barboncino
2024
Was meint denn Frau Roth mit "Realität unserer Gesellschaft"? Meint sie eine Gesellschaft, deren Rundfunk und Fernsehen vor allem von angloamerikanischer Musik und Krimis am laufenden Band dominiert wird ?Wo vor allem die Jugend mit Klassik nichts mehr anzufangen weiß und Schiller, Goethe, Rilke und Hebbel unbekannte Wesen sind. Eine Gesellschaft, die zum großen Teil klassikfern ist,wird auch keinen Zugang zu Wagner finden,was auch immer an Experimenten am grünen Hügel aufgelegt wird.
Sonntag, 07.Januar, 12:39 Uhr
Fred Keller
Bayreuth 2024
Also der Frau Minister wünsche ich ein rasches Ministerinnen Ende - wo war denn bisher ihre Leistung. Typisch Grün mit dem Finger zeigen und Fiasko ( Ampel) verursachen.
Samstag, 06.Januar, 11:30 Uhr
Archibald Lenschow
Chor
Den Chor zu verkleinern halte ich fuer sehr schlecht.Wagner braucht.wuchtige Chöre. War sebst Chorist.
Freitag, 05.Januar, 23:28 Uhr
Luca Ronconi
Möglichst großartig muss es sein
Bayreuth sollte das Richard-Wagner-Zentrum der Welt sein. Die einzigartige Aura des einzigartigen Festspielhauses reicht dazu aber nicht aus (sonst würde es genügen, Führungen durch das Gebäude anzubieten). Es müssen auch möglichst großartige Aufführungen angeboten werden. Allerhöchste Qualität in musikalischer wie szenischer Hinsicht muss anzustreben sein, damit ein internationales Publikum anreist. Wenn es dort Aufführungen gibt, die so oder ähnlich auch in Dortmund, Wiesbaden, Hannover oder Nürnberg vorstellbar wären, gibt es ein Problem. Das brauchen Leute nicht, die in oder um Paris, Wien, London, Mailand oder New York zu Hause sind ...