Wien, 9. April 1813. Minona von Stackelberg wird geboren. Oder ist es der 8. April, an dem Josephine von Stackelberg, verwitwete Gräfin Deym, geborene von Brunswick ihr siebtes Kind zur Welt bringt? Über das Datum scheint ebenso wenig Einigkeit zu herrschen, wie über den Vater.
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Kann Minonas Vater tatsächlich der estnische Baron Christoph von Stackelberg sein? Der Mann, mit dem Josephine schon seit langem nicht mehr das Ehebett teilt, der sie durch den Kauf eines Anwesens in Mähren um den Großteil ihres Vermögens gebracht und die Familie bereits im Juni 1812 verlassen hat? Zweifelhaft! Aber da gibt es einen anderen, einen, der Josephine seit vierzehn Jahren liebt und ziemlich sicher Anfang Juli mit seiner unsterblichen Geliebten in Prag zusammengetroffen ist: Ludwig van Beethoven.
Fünf Jahre war Beethoven Leonores Klavierlehrer
Seit 1799 kennen sich die beiden. Doch damals war zunächst einmal alles so gekommen, wie man es von einer adligen Jungfrau erwartete: Heirat mit einem 30 Jahre älteren vermögenden Grafen, vier Kinder, ein Leben in angemessenen Kreisen. Beethoven, der Klavierlehrer, verkehrte nur als Freund in der Familie – fünf Jahre lang. Dann stirbt der Gatte überraschend, und aus Freundschaft entwickelt sich Liebe.
Doch es gibt keine gemeinsame Zukunft
Wenn es nur nicht den Druck der Familie gäbe, den Standesunterschied! Würde Josephine Ludwig heiraten, müsste sie ihren Stand aufgeben und verlöre auch noch die Vormundschaft über ihre adligen Kinder. Bald ist klar: Es gibt keine gemeinsame Zukunft. Josephine heiratet ein zweites Mal einen anderen. Aber schon im Sommer 1812 steht sie als Baronin Stackelberg wieder allein da, diesmal als verlassene Ehefrau. Sie plant, nach Prag zu reisen. Auch Beethoven ist zwischen dem 1. und 3. Juli in der Stadt. Eigentlich hat er ein Treffen mit Karl August Varnhagen, aber er sagt es ab. Kurz darauf beginnt er seinen berühmten Brief an die unsterbliche Geliebte, und Josephine wird neun Monate später ein Kind zur Welt bringen, das den Namen Minona trägt – rückwärts gelesen: Anonim. Mehr ist nicht bekannt. In Josephines Tagebuch sind vier Blätter säuberlich mit einer Schere herausgeschnitten. Nur noch so viel: Stackelberg wird der Mutter die Kleine ebenso wegnehmen wie seine beiden eigenen Kinder – übrigens ein starkes Mädchen, das auch später das meiste Genie unter den Schwestern haben soll. Josephine wird die Tochter kaum wiedersehen. Ihr Leben endet in Armut und Einsamkeit.
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Sendung: "Allegro" am 09. April 2025 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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