Die finnische Sopranistin Camilla Nylund gehört zu den international gefragtesten Sängerinnen ihres Fachs und ist auf den großen Opernbühnen dieser Welt regelmäßiger Gast – an der Wiener Staatsoper, der Bayerischen Staatsoper und auch bei den Bayreuther Festspielen. Nun schlägt sie etwas leisere Töne an: Bei den Richard-Strauss-Tagen in Garmisch-Partenkirchen gibt sie einen Liederabend. Im BR-KLASSIK-Interview erzählt sie, was sie Strauss sagen würde, wenn sie ihn treffen könnte.
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BR-KLASSIK: Die Welt der Strauss-Heldinnen ist Ihnen sehr vertraut. Was ist das für eine Welt, die sich über die Jahre Ihnen eröffnet hat?
Camilla Nylund: Es ist eine wunderbare Welt. Ich kann mir ein Leben ohne Strauss gar nicht mehr vorstellen. Und jedes Mal, wenn ich seine Musik singe und die Partien gestalten darf, bin ich einfach nur dankbar.
Ich kann mir ein Leben ohne Strauss gar nicht vorstellen.
BR-KLASSIK: Es gibt Strauss, den Opernkomponisten. Und es gibt Strauss, den Liedkomponisten. Was hat der eine, was der andere nicht hat?
Camilla Nylund: Die Strauss-Lieder sind kleine Miniatur-Opern, Strauss-Opern sind eher eine Welt für sich. Einen Liederabend zu gestalten ist etwas Wunderbares, weil es sehr intim ist und man quasi mit dem Pianisten das Ganze zusammensetzen kann. Und es ist eine wunderbare Reise, die man mit dem Publikum gemeinsam machen kann. Jeder kann bei sich sein und sich die Szenen selbst vorstellen. Und das ist ganz anders als in einem Opernhaus.
BR-KLASSIK: Sind Sie denn damit einverstanden, wie Richard Strauss für Sopranistinnen geschrieben hat?
Sopranistin Camilla Nylund | Bildquelle: © David Ebener / dpa Camilla Nylund: Ja, das bin ich. Also wenn man das damit vergleicht, wie er zum Beispiel für Tenöre komponiert hat, dann sind seine Kompositionen für Sopranstimme sehr ausgefeilt. Er hat wirklich genau gewusst, wie man für eine Frauenstimme komponiert. Richard Strauss hatte ja auch sehr viel Erfahrung mit Sopranistinnen, schließlich hatte er mit seiner Ehefrau Pauline Maria Strauss-de Ahna eine Sängerin in seiner unmittelbaren Umgebung. Ich denke schon, dass seine Frau ihm sicher hier und da was zugeflüstert und auch mitgestaltet hat.
BR-KLASSIK: Was würden Sie Richard Strauss sagen, wenn Sie eine Gelegenheit hätten, mit ihm zu sprechen?
Camilla Nylund: Ich würde mich bei ihm bedanken, dass er so tolle Opern und so tolle Partien für Sängerinnen komponiert hat. Ich hätte viele Fragen zu ganz verschiedenen Themen, zum Beispiel auch zu bestimmten Tönen oder Phrasierungen. Und dann würde ich mit ihm auf unseren Geburtstag anstoßen, denn wir haben nämlich beide am 11. Juni Geburtstag. Das ist doch eine schöne Sache!
BR-KLASSIK: Beim Konzert in Garmisch Patenkirchen singen Sie auch Lieder von Erich Wolfgang Korngold. Was ist das Besondere an diesen Liedern?
Camilla Nylund: Korngold war sehr jung, als er diese Lieder komponiert hat. Man merkt sofort, dass er ein unglaubliches Gespür für Stimmungen hatte. Später hat er ja als Filmkomponist Karriere gemacht. Ich liebe auch seine Oper "Die tote Stadt", das war ein unglaubliches Erlebnis, diese Oper zu singen. Seine Lieder sind kleine Aquarelle. Es gibt immer ein bisschen Melancholie darin. Das sind richtige kleine Kostbarkeiten.
Mehr Informationen zu den Richard-Strauss-Tagen 2024 finden Sie hier.
Einen Mitschnitt des Konzerts können Sie auf BR-KLASSIK in der Festspielzeit am 1. Juli ab 18:05 Uhr hören.
Sendung: "Allegro" am 31. Mai 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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